Wer hat’s ­erfunden?

Mit dem kombinierten Schutz- und Feldsteuergerät KOMBISAVE haben die Entwickler der Schweizer Phoenix Contact-Tochter NSE einen Volltreffer gelandet. Auch wenn dieser tunlichst zu vermeiden ist, wenn es um die Stromnetze und ihre Sicherheit geht.

Fahren Sie einfach der 110-kV-Leitung bis zum Ende nach, Nummern gibt’s da nicht.“ Schon bei der Wegbeschreibung war klar, dass der Besuch des Umspannwerks im niederrheinischen Kempen ein besonderer wird. Also Blick nach oben, die Hochspannungsleitung fest im Blick, langsam der Straße nach.

Kempen ist eine 36.000 Einwohner zählende Stadt am Niederrhein. Schön gelegen, traditionsreiche Vergangenheit, prosperierende Gegenwart. Im Gewerbegebiet am Industriering Ost warten Reinhard Bretzke und Michael Kairies auf uns. Die beiden sind Angestellte der hiesigen Stadtwerke, zuständig für die Energieversorgung ihrer Heimatstadt. Und führen uns zunächst in die Zentrale ihres Schaffens – ihre Netzleitstelle.

Houston – wir sind gelandet

Ein wenig erinnert die Wand aus Monitoren an die berühmte NASA-Leitwarte der Raumfahrer in Cape Kennedy. Dabei geht es hier ganz irdisch zu. „Wir sind zuständig für die Energieversorgung unserer Stadt“, beschreibt Reinhard Bretzke knapp. Hört sich zunächst ganz bodenständig an, ist jedoch ein Job mit direkter Anbindung an die Zukunft. „Wir stellen gerade unsere Netze komplett um auf einen zentralen Betrieb mit digitaler Netzleittechnik.“ Also doch ein wenig NASA!

Michael Kairies in der Netzleiststelle

Die Energienetze zählen zur sogenannten kritischen Infra­struktur, unterliegen also besonders strengen Normen und Anforderungen an Sicherheit und Verlässlichkeit. Kein Wunder, denn ohne Strom läuft in der modernen Zivilisation nicht einmal mehr die Wasserversorgung. Bretzke ist ein alter Hase, wenn es um Energie geht. Seit gut 45 Jahren ist er dem Thema treu, war lange im niedersächsischen Hildesheim für die Energieversorgung zuständig. Seit fünf Jahren ist er verantwortlich für die Stromversorgung in Kempen.

„Mich hat in der schönsten Stadt am Niederrhein die grüne Wiese für den Bereich Netz-Monitoring gereizt. Zusammen mit meinen zwölf Mitarbeitern kümmere ich mich hier um das Mittelspannungs- und Niederspannungsnetz sowie die zugehörige Kommunikationstechnik für das Netz-Monitoring. Die Aufgaben sind wirklich vielfältig, daher ist die Spannbreite der Anforderungen auch extrem.“

Reinhard Bretzke (li.) und Phoenix Contact-Experte Timo Beuth

Einer, der damit locker umgeht, ist Michael Kairies. Der 38-jährige Energieelektroniker ist u. a. zuständig für die Netzleitstelle. Und damit ein Experte, wenn es um die Einbindung von Schutz- und Leittechnik ins Kempener System geht. Mit flinken Fingern ruft er die passende Darstellung auf einem der Monitore auf, zeigt die Verteilung des lokalen niederrheinischen Stromnetzes und sowohl die Einspeiser als auch die abnehmenden Großkunden. Währenddessen erklärt Reinhard Bretzke, warum wir eigentlich hier sind.

„Wir brauchen in ­Zukunft ­intelligente Energienetze.“

Reinhard Bretzke, Leiter Energieversorgung Stadtwerke Kempen

„Auf unsere Energienetze kommen immer mehr Herausforderungen zu. Durch den Umbau der Energieversorgung hin zu Erneuerbaren Energien verändert sich die Einspeisung total. Jahrzehntelang haben wir mit konstanten Einspeisungen durch Großkraftwerke gearbeitet. Jetzt kommen immer neue Energiequellen hinzu, die auch noch ungleichmäßig einspeisen und dezentral verteilt sind. Gleichzeitig brauchen wir aber auf der Abnehmerseite nach wie vor hohe Versorgungssicherheiten. Das bedeutet, dass wir die Energieverteilung ebenfalls neu denken müssen. Wir brauchen in Zukunft intelligente Netze.“

Wenn rohe Ströme gefahrlos walten

Timo Beuth, Field Application Engineer Phoenix Contact, erklärt: „In der Energietechnik soll neben der hohen Versorgungssicherheit auch kein Personen- oder Anlagenschaden bei einem Fehler entstehen.“ Im Stromnetz treten Erdfehler am häufigsten auf. Im privaten Umfeld ist es z. B. eine defekte Kabelisolierung am Bügeleisen, im Mittelspannungs-Verteilnetz ein Bagger, der die Kabelisolierung beschädigt oder ein Ast, der die Freileitung bei starkem Wind berührt.

Beim Beispiel des Bügeleisens fließt ein Erdfehlerstrom bei Berührung der defekten Leitungsstelle über den Körper des Menschen und über den Boden ab. Ein Fehlerstrom-Schutzschalter (FI) erkennt, dass ein Fehlerstrom fließt und schaltet sofort ab. So schnell, dass man den Strom gar nicht merkt. Die elektrische Versorgung kann durch Einschalten des FI-Schutzschalters schnell wiederhergestellt werden, die Person hat überlebt und die elektrische Anlage wurde geschützt.

Wenn ein Ast eine Mittelspannungs-Freileitung durch eine Windböe berührt, sieht die Sache anders aus. Der Energieversorger möchte nicht gleich den Strom eines ganzen Versorgungsgebiets abschalten, jedoch auch keine Personen und Anlagen aufgrund eines Erdfehlerstroms gefährden. Denn die Kräfte, die hier agieren, sind ungleich größer. Schon eine Annäherung an die Fehlerquelle kann zu einem zerstörerischen Lichtbogen führen. Also wird der Fehlstrom quasi an der „Sicherung“ vorbeigeleitet. Mittels des Schutz- und Feldsteuergeräts „KOMBISAVE“ der Phoenix Contact-Tochter NSE gelingt das Kunststück, den Erdfehlerstrom sicher orten zu können und das Stromnetz nur lokal abzuschalten. Die niederohmige Sternpunkterdung des Mittelspannungstransformators reduziert gefährliche einpolige Erdkurzschlussströme und verhindert eine unzulässige Spannungserhöhung im unmittelbaren Bereich der Fehlerstelle. Durch Umschaltungen auf weitere vorhandene Reserveeinspeisungen lässt sich die Versorgungssicherheit binnen weniger Minuten dank der digitalen Netzleittechnik schnell wiederherstellen.

Lasst die Hände in den Taschen

Im Umspannwerk, an dem die 110-kV-Hochspannung aus dem Transportnetz in die 10-kV-Mittelspannung des Verteilnetzes transformiert und verteilt wird, öffnet Reinhard Bretzke die Türen. „Lassen Sie ihre Hände besser in den Hosentaschen“, warnt er vor allzu forschen Kameraperspektiven mit fatalen Folgen. Hier besteht bei Unachtsamkeit Lebensgefahr.

Hinter einer Schaltschranktür mit der Aufschrift „Sternpunktbildner“ leuchtet uns schon das NSE KOMBISAVE an. „Wir konnten das Schutzgerät wirklich nahezu sofort anpassen und bedienen und sind nach wie vor begeistert von der einfachen Montagemöglichkeit. Die Einbindung in unsere Leittechnik war problemlos und die erforderlichen Parameter im Schutzgerät schnell eingestellt. Letztendlich haben wir keine Stunde gebraucht, um aus der Verpackung heraus ein einsatzbereites und parametriertes Schutzgerät für eine spezielle Anwendung zu haben – und das ohne uns einzulesen. Bei ein oder zwei Details standen uns dann noch die Experten von Phoenix ­Contact ruckzuck zur Seite,“ zeigt sich Michael Kairies über das Teamwork sichtlich zufrieden. „Und die Parametrier-Software Digicom der NSE-Geräte ist nicht nur kostenfrei, sondern auch intuitiv zu bedienen.“

Damit sparen die Stadtwerke Kempen nicht nur Zeit und Aufwand beim Erneuern ihrer Energienetze. Sie investieren auch in die Versorgungssicherheit ihrer Betriebe und Bürger in der „schönsten Stadt am Niederrhein“.

nse.ch
Stadtwerke Kempen

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"