Blitz und Donner digital

Wenn Reyno Thormählen nach oben schaut und Gewitterwolken sieht, dann hellt sich seine Miene auf. Gewitter sind gut. Wenn es ordentlich blitzt und donnert, dann können seine Anlagen ihre Schutzfunktion unter Beweis stellen. Denn Reyno Thormählen ist Chef eines Blitzschutzunternehmens.

Mitten in der niedersächsischen Provinz, in Großenmeer bei Oldenburg, befindet sich eines der innovativsten Handwerksunternehmen Deutschlands. „Wir sind Marktführer beim Thema Blitzschutz“, gibt sich Thormählen selbstbewusst.

120 Mitarbeiter arbeiten an sieben Standorten im Norden der Republik an Anlagen, die Gebäude sicherer machen. Wobei „Norden“ weit gesteckt ist. „Wir sind bis Köln und Leipzig aktiv“, erklärt der Geschäftsführer. „Unsere Kunden kommen zu etwa 80 Prozent aus dem industriellen Umfeld, zehn Prozent aus dem öffentlichen Bereich und ebenso viele aus dem privaten Sektor.“

Kasernen, Flughäfen, Industrieanlagen, Windparks – für die Teams von Thormählen geht es oft hoch hinaus. Kein Wunder, dass die Niedersachsen sogar eigene Industriekletterer in ihren Reihen haben. „Wir installieren Blitzschutz etwa bei North Stream 1 und 2 oder sind beim Lärmschutzdeckel der A7 bei Hamburg dabei“, beschreibt Thormählen seine aktuellsten Projekte. Der studierte E-Techniker kümmert sich vor allem um Strategie und Marketing im Großenmeerer Handwerksunternehmen. Übrigens: Den schon legendären Erdungsgarten bei Phoenix Contact in Schieder hat Thormählen ebenfalls mit errichtet.

Faule Anlagen

Thormählen ist ein Vorzeigeunternehmen, wenn es um Digitalisierung im Handwerk geht. „Wir sind stets interessiert, unsere Abläufe zu verbessern, die Prozesse zu verschlanken und Papier zu vermeiden. Wir wollen die Möglichkeiten der heutigen Zeit nutzen und unsere Dienstleistung verbessern, indem wir unsere Produkte intelligenter machen.“

Neben den Großprojekten glänzen die Norddeutschen auch mit Innovationen wie dem Unterdach-Blitzschutz bei Reetdächern („Wir waren die ersten, die das entwickelt haben“) oder Details wie dem Einsatz eines speziellen Drehmomentschlüssels, um das materialbestimmte Anzugsmoment zu erzeugen. „Ist in explosionsgefährdeten Anlagen vorgeschrieben, hat aber niemand benutzt. In Industrieanlagen ist das kritisch.“

Reyno Thormählen und Jens Barghorn

Allen Blitzschutzanlagen gemein ist, dass sie meist nichts tun. Und wenn sie aktiv werden, dann merkt es niemand. Für jeden Vertrieb ein Graus. Die Wirkungsweise einer Blitzschutzanlage erfährt eigentlich nur jemand, der keine hat. Wenn es also zu spät ist.
Die Auftragslage ist trotzdem gut: „Wir haben mehr als genug zu tun. Je mehr Anlagen vernetzt werden und IoT-Einzug in die Welt von Produktion und Kommunikation hält, desto empfindlicher reagieren diese Sensibelchen auf die rohen Kräfte der Natur“, erklärt Jens Barghorn, zweiter Geschäftsführer und als gelernter Elektromeister ein Mann der Praxis.

Die intelligente Trennstelle

Blitzanlagen wollen gewartet werden. Denn sie unterliegen der Witterung, können durch bauliche Veränderungen in ihrer Schutzfunktion beeinträchtigt oder tatsächlich vom Blitz getroffen werden. Damit der Monteur vor Ort schnell weiß, welchen Stand die Anlage hat, muss er auf die jeweils vorhandene Dokumentation zurückgreifen. Thormählen setzt an den Trennstellen der Blitzschutzanlage, also dort, wo der Zustand per Messung kontrolliert wird, spezielle RFID-Kennungen von Phoenix Contact ein. Die sind in einer wetterbeständigen Plakette untergebracht, die Thormählen per NFC-Schnittstelle und mit einem speziellen Industriedrucker von Phoenix ­Contact selber mit Informationen anreichert.

„Unser Kunde soll eine sprechende Messstelle bekommen, die ihm per Smartphone und passender App direkt Auskunft über seine Blitzschutzanlage gibt“, beschreibt Reyno Thormählen den Grund für den Einzug der „schlauen Plaketten“. „Wir haben gemeinsam mit Phoenix Contact richtige Grundlagenforschung betrieben. Zunächst ging es darum, RFID-Chips und deren Antennen auf ihre Blitzverträglichkeit zu testen. Niemand wusste etwa, wie die Datenspeicher auf den Plaketten reagieren, wenn durch einen Blitzeinschlag hohe Impulsströme durch die Ableitungen fließen. Welches Material müssen wir verwenden?“

Blitzschutz mit Vision

Auch eine eigene Anlagenwartungs-App wurde gemeinsam mit Phoenix Contact entwickelt, mit der das Auslesen dank der RFID-Technologie berührungslos möglich wird. ­Spielerei? „Auf keinen Fall. Mit dieser Technologie kann das Facility ­Management die Anlage in ihr Wartungskonzept einbinden, also von sich aus tätig werden und nicht nur unserer Wartungsroutine folgen“, beschreibt Jens Barghorn die Vorteile der Trennstellenmarkierung.

„Wir rüsten momentan jeden neuen Auftrag mit individuell bedruckten RFID-Plaketten aus, aktuell sind das rund 2000 Aufträge.“ „Das ist für uns ein Invest in die Beziehung zu unseren Kunden“, ergänzt Reyno Thormählen. „Blitzschutz ist ein langfristiges Thema. Wir wollen keine Blitzschutzanlagen liefern, wir wollen dauerhafte Sicherheit anbieten.“

thormaehlen.de
Industrielle Drucksysteme von Phoenix Contact

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