Wir bleiben im lieblichen Blomberg. Die letzte Etappe der Suche nach dem Digitalen Zwilling führt uns ins Herz von Phoenix Contact. Der firmeneigene Werkzeugbau ist eines der Flaggschiffe des Unternehmens. Und hier finden wir ihn tatsächlich – den ersten Digitalen Zwilling unserer Jagd!
Eine der unternehmerischen Stärken von Phoenix Contact ist seit jeher die Fertigungstiefe, die auch die eigene Herstellung von Maschinen und Werkzeugen für die Produktion umfasst.
Die erste Station beginnt im Büro von Dr. Sven Holsten, dem Leiter des Werkzeugbaus. Und geht dann gemeinsam gleich wieder vor die Tür, wo ein imposanter Touchscreen angebracht ist. „Hier sehen wir den echten Digitalen Zwilling in seiner Anwendung“, erklärt uns der promovierte Maschinenbauer. „Sämtliche Datensätze unserer Werkzeuge, also Stammdaten, Kosten, Termine, Aktivitäten, Bilder und Zeitfenster sind hier abruf- und sichtbar. Und das weltweit und in Echtzeit.“ Geortet werden die Spritzgießwerkzeuge durch RFID-Technologie. „1400 Werkzeuge sind momentan in den Produktionsstandorten Deutschland und Polen im Einsatz.“
Beim Gang in die Produktion wird es dann handfest: „Um die Handhabung unserer Tools schneller zu machen, setzen wir im Werkzeugbau Augmented Reality ein“, erläutert Stefan Flachmann, der die Herstellung der Spezialwerkzeuge verantwortet. „Der Einsatz einer Datenbrille versetzt den Arbeiter an der Maschine in die Lage, Werkzeuge selbstständig zu rüsten, wenn ein Umbau notwendig ist. Durch die Einblendung von Informationen über das reale Bild wird der Mitarbeiter so geleitet, dass er immer den optimalen nächsten Arbeitsschritt durchführt.“
Die reine Montagearbeit ist nicht der einzige Vorteil dieser Anwendung des digitalen Ebenbilds. „Durch die Überlagerung des Digitalen Zwillings hat man zeitnah eine optimale Qualitätskontrolle. Bei Änderungen ist die Anlage stets aktuell, ohne dass Manuals neu gedruckt werden müssen und dann wieder verteilt werden. Das hilft, Fehler zu vermeiden, die sonst aufgrund unterschiedlicher Wissensstände der jeweiligen Kollegen immer mal wieder auftreten.“
Wie gefällt Dir Dein Bruder?
Ein paar Schritte weiter nimmt uns Henrik Urhahn in Empfang. Der ist verantwortlich für die Messtechnik im hauseigenen Werkzeugbau. Und erzeugt einen Digitalen Zwilling mit Styroporklötzchen und Computertomographen. Die ungewöhnliche Kombination ist schnell erklärt: „Wir platzieren unsere realen Werkzeuge mithilfe von Styropor, denn das ist bei dem Scannen mit dem Röntgengerät nicht sichtbar.“ Wenn das zu messende Bauteil in den Tomographen eingefahren ist, werden etwa 1500 Aufnahmen aus allen Winkeln gemacht. „Damit erhalten wir eine 360°-Ansicht in etwa anderthalb Stunden. So etwas wurde früher in mühevoller Einzelarbeit mit Messschiebern gemacht und dauerte Tage.“
Henrik Urhahn
Eine spezielle Software benötigt rund 20 prozessorintensive Minuten, um danach ein digitales Abbild des realen Werkzeugs zu erzeugen. „Das wird mit dem schon existierenden ursprünglichen Digitalen Zwilling abgeglichen. So können wir sofort sehen, wenn Werkzeuge nicht unseren Qualitätsanforderungen genügen.“
Womit wir eigentlich schon beim Digitalen Drilling wären, denn neben dem realen Werkstück und dem Digitalen Zwilling wird jetzt noch ein drittes Ebenbild erzeugt, welches rein digital auf Abweichungen hin untersucht wird
Wir füttern ihn
Wir trainieren ihn
Wir steuern mit ihm
Wir drucken mit ihm
Wir haben ihn!