Die Sonne scheint, als Christoph Werlitz die Tore zum Solarpark Menteroda öffnet. Standesgemäßes Wetter für einen Besuch in einer Anlage, die in der nordthüringischen Gemeinde zu Füßen des Harzes saubere Energie erzeugt. Und in der eine innovative PLCnext-Steuerung hilft, den Schwankungen der natürlichen Energiequelle zu mehr Disziplin zu verhelfen.
Die Gemeinde Menteroda ist eigentlich für ihren Kalibergbau bekannt, mit dem hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts angefangen wurde und der die Region über Jahrzehnte prägte. Doch die Gruben sind nicht mehr aktiv, die gewaltigen Abraumhalden renaturiert und der Bergbau nur noch eine Erinnerung, der mit einem kleinen Museum gedacht wird. Heute locken die Schönheiten der Welterbes Wartburg-Hainich die Besucher in die Region – mittelalterliche Städte, mächtige Burgen und vor allem viel Natur.
Regenerativer Mix
Die allerdings leidet massiv unter der Veränderung des Klimas. Die ausgedehnten Nadelholzbestände vertragen die zunehmenden Trockenheiten der vergangenen Jahre nicht, der Borkenkäfer vernichtet das „hölzerne Gold“ der Forstwirtschaft – in den Mittelgebirgen wird die Dynamik dieser Entwicklung besonders deutlich.
Kein Wunder, dass es gerade hier eine große Akzeptanz für regenerative Energien gibt. Die ASG Engineering GmbH aus Sachsen-Anhalt betreibt das 6,05 MWp große Solarkraftwerk Menteroda 2. Eine Aufdachanlage und eine große Freifläche bilden das Gesamtkraftwerk. Die Aufdachanlage wurde auf einer Halle des örtlichen Wertstoff-Sortierunternehmens errichtet. Hier wird Müll sortiert und der organische Abfall einer Biogasanlage zugeführt, die sich in unmittelbarer Nähe befindet.
Um das Puzzle der regenerativen Energien vollständig zu machen, schweift der Blick gen Horizont über diverse Windkraftanlagen, die die Energien der bewegten Atmosphäre nutzen wollen. Doch dafür haben die drei Akteure heute keinen Blick. Der komplette Solarpark Menteroda ist im Februar 2020 ans Netz gegangen. Der ältere Teil, Menteroda 1, besteht seit Anfang 2019. Christoph Werlitz ist der Ansprechpartner vor Ort und für das Engineering von Menteroda 2 verantwortlich. Begleitet wird er von René Wollmerstädt, dem Geschäftsführer von ASG Solar.
Gegründet wurde die ASG Solar von Jan Wecke und René Wollmerstädt 2007. Seitdem werden Anlagen projektiert, errichtet und betrieben. Dabei ist Wollmerstädt für die technische Seite des Geschäftsmodells „Aus Sonne Energie gewinnen“ zuständig. Der heutige dritte im Bunde ist Burkhard Dittmann, im Außendienst von Phoenix Contact tätig und Fachmann für die Bereiche Energiesektor und Integration von Erneuerbaren Energien.
Hilfe zur Selbsthilfe
Christoph Werlitz erklärt: „Menteroda ist nicht nur von ASG Solar geplant und realisiert worden, sondern wird auch von ihr betrieben. Während wir bei Menteroda 1 noch Dienstleistung von außen in Anspruch nehmen mussten, haben wir Menteroda 2 direkt selbst geplant und in Betrieb genommen.“
Wollmerstädt ergänzt: „Geplant und realisiert hat das unsere Tochter ASG Engineering.“ Nicht ohne Stolz ergänzt Werlitz: „Die Schaltschränke für Menteroda 2 habe ich selber gefertigt. So sind wir jederzeit komplett über den Zustand der Anlage im Bilde und können weitgehend selbstständig agieren, ohne Hilfe von außen.“
In der Planungsphase besuchte Christoph Werlitz eine technische Schulung von Phoenix Contact. „Dort wurden die damals brandneuen EZA-Regler vorgestellt. Diese Erzeugungsanlagenregler sind im Bereich der regenerativen Energien unerlässlich. Durch sie wird es möglich, die stark schwankenden Einspeisungen ins Stromnetz so zu regeln, dass es nicht zu störenden Spitzen kommt, etwa wenn die Sonne so wie heute intensiv scheint.“
Ingenieur Dittmann zeigt gen strahlend blauem Himmel: „Die Herausforderung, die Energienetze der Zukunft möglichst bidirektional zu machen, ist ja Fluch und Segen der Erneuerbaren. Während in der klassischen Stromerzeugung mit Kohle, Gas oder Atomenergie fein abgestimmte und lange planbare Einspeisungen ganz kontinuierlich in die Stromnetze erfolgen, ist die Aktivität von Sonne oder Wind eben nicht linear und planbar. Also brauchen wir smarte Stromnetze, die in der Lage sind, stark schwankende Einspeisungen zu verkraften.“
Normiert und zertifiziert
Die drei Experten lassen die aufgeständerten Solarmodule hinter sich und fahren zum Netzanschlusspunkt. Burkhard Dittmann lässt sich von Techniker Werlitz die eingesetzten EZA-Regler zeigen und erläutert: „Das besondere an unseren Reglern ist ihre Fähigkeit, an ganz verschiedene Parameter anpassbar zu sein. Herz der nach Norm VDE AR N 4110/4120 zertifizierten Regler ist unsere Industriesteuerung PLCnext. Ihre Fähigkeit, unterschiedliche Software-Protokolle zu verarbeiten, war hier besonders wichtig.
Burkhard Dittmann Übergabestation ins Stromnetz
ASG Solar hat Vorgaben definiert, wie das Solarkraftwerk arbeiten soll. Und Christoph Werlitz konnte dann aus dem PLCnext-eigenen Appstore die passende EZA-Regler-Software downloaden und die Parameter anpassen. Die Funktionalität für die Steuerung hat er auf die PLCnext aufgespielt und so eine Lösung gefunden, die genau auf die Situation hier vor Ort zugeschnitten ist.“
Christoph Werlitz ergänzt: „Uns war besonders wichtig, dass sich die Steuerung anpassen lässt. Wir verlieren so keine Funktionalitäten der klassischen Steuerungstechnologie, sondern können im Gegenteil diese Steuerungen auch an anderer Stelle einsetzen, etwa bei Windkraftanlagen oder Blockheizkraftwerken. Damit sorgt eine einzige Technologie für die Bewältigung ganz unterschiedlicher Energiemixe. Das wird immer mehr die Herausforderung der Zukunft sein – die Stromnetze werden immer stärker belastet durch wechselnde Einspeiser und Speichertechnologien. Mit dem EZA-Regler von Phoenix Contact sind wir zukunftssicher aufgestellt.“
Die Anlage Menteroda 2 ist eine der ersten Anlagen, die den neuen EZA-Regler einsetzen, denn erst kurz vor Einbau und Inbetriebnahme erhielt das technologische Sahnestückchen seine nötige Zertifizierung. Und so gewinnt das kleine Städtchen am Fuße des Harzes vielleicht bald einen ebenso klingenden Namen im Bereich der regenerativen Energieerzeugung wie zu Zeiten des Kalibergbaus.