Der öffentliche Personenverkehr von morgen wird elektrisch. Doch wer beim holländischen Busspezialisten EBusco hinter die Kulissen schaut, der kann noch ein Stückchen weiter in die Zukunft blicken.
Bevor wir in die Zukunft blicken, schauen wir einmal zurück. Und zwar überraschend weit – ins England des Jahres 1888. Hier testete die Firma Ward Electrical Car Company aus London ihren elektrischen Omnibus, den ersten seiner Art. Mehr als den Teststatus erreichte das zwölf Personen fassende Unikum jedoch nicht. Und schon 1898 rumpelte ein elektrifizierter ehemaliger Pferdeomnibus über den Berliner Kudamm. Serienreif war das Mobil allerdings ebenfalls nicht.
Das sieht mehr als 100 Jahre später doch ganz anders aus. Der Testreife sind die Elektrobusse des niederländischen Herstellers EBusco längst entsprungen. Gegründet wurde das in Deurne unweit der deutsch-holländischen Grenze liegende Unternehmen 2010 von Peter Bijvelds. Schon 2012 stellten die Niederländer ihr erstes Busmodell, den Ebusco 1,0, auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover vor. Mittlerweile fahren Hunderte von Elektrobussen aus der Fertigung von EBusco überall auf der Welt umher.
Zurück in die Heimat
Ortsbesuch in Deurne. 12 Meter, 14 Meter, 18 Meter – hier werden die innovativen Busse nicht nur geplant und konstruiert, sondern auch von Anfang an bestückt mit den Ladeinlets von Phoenix Contact. Hierher verlagert der Busbauer wieder einen Großteil seiner Montage für die europäischen Kunden, die seit Jahren ebenfalls in China stattfand. Und beim ganz neuen Modell 3.0 setzen die Niederländer auf innovativen Leichtbau und Hightechmaterialien und fertigen ausschließlich in Deurne.
Patrick Heuts ist der Kopf der Entwicklertruppe von EBusco, die sich um die Themen des elektrischen Antriebs, der Batterie- und Ladetechnik kümmern. Er führt uns durch die beeindruckende Entwicklung und Fertigung der niederländischen Fachleute, die sich in den letzten Jahren vom Hersteller eines technologischen Nischenprodukts zum Trendsetter entwickelt haben. „Der E-Mobilität gehört auch im Personentransport ganz klar die Zukunft“, ist sich Heuts sicher.
Reichweite? Kein Problem
Rund 350 Kilometer Reichweite verspricht der niederländische Busbauer für die 12-Meter-Version des aktuellen Modells EBusco 2.2, wenn der 350-kWh-Batteriesatz verwendet wird. „Damit lassen sich gut 80 Prozent aller täglichen Fahrstrecken im Personennahverkehr abdecken“, zeigt sich Patrick Heuts überzeugt vom Konzept. Alternativ steht ein 400-kWh-Batteriesatz zur Verfügung, der bis zu 450 Kilometer Strecke machen kann.
Neben den Batterien, die unter der Bodenplatte untergebracht sind, finden im 12-Meter-Bus 90 Personen Platz. „Wir sind ein reiner E-Bus-Bauer. Daher können wir das Chassis von Beginn an so konstruieren, dass es platzoptimiert und leichtgewichtig ist. Das spart nicht nur Gewicht und Raum, sondern bringt mehr Platz für die Passagiere. Und damit auch eine massive Verbesserung der Rentabilität.“ Klar, dass die Batterien deswegen auch unterflur untergebracht sind und nicht, wie häufig noch zu sehen, auf dem Fahrzeugdach – Reminiszenz an den Umbau von eigentlich dieselgetriebenen Bussen.
Batterieoase Busdepot
Die Energiezufuhr realisiert EBusco mit CCS-Inlets und -Ladesteckern von Phoenix Contact. Gefüttert werden damit spezielle Batteriesätze mit LFP-Technologie, die hochwertig, robust und vor allem langlebig sind. Die niederländischen Spezialisten setzen auf langlebige Lithium-Eisenphosphat-Batteriepacks, für die die Niederländer eine Garantie von zehn Jahren einräumen. LFP-Packs verzichten auf Kobalt und Nickel. Patrick Heuts erklärt: „Wir stimmen die Konfiguration der Batteriepacks, die wir selbst herstellen, so ab, dass wir eine Kapazität von 400 kWh an Bord haben. Je mehr Energiekapazität eine Batterie hat, desto weniger Gewicht und Volumen sind erforderlich. Unsere Busse sind rund 900 Kilo leichter als Modelle der Konkurrenz. Und je mehr Zyklen die Batteriepacks durchlaufen können, desto länger hält die Batterie. Dabei bestimmen Energiedichte und die Zahl der durchlaufenen Zyklen der Batterie die Reichweite.“
„Wenn das Streckennetz gut geplant ist, dann genügt die Reichweite unserer Busse für einen ganzen Tag, ohne dass schnellgeladen werden muss“, weiß Heuts aus der täglichen Praxis zu berichten. Doch gerade im Winter oder bei längeren Touren ist es für die Verkehrsbetriebe beruhigend, dass auch unterwegs zügig geladen werden kann. Dabei kommt die Ladetechnologie von Phoenix Contact nicht ins Schwitzen, denn ihre maximal mögliche Ladeleistung von 500 kW wird nicht benötigt. Die Niederländer laden ihre Busse mit einer maximalen Leistung von bis zu 240 kW.
Während der Ruhezeit im Busdepot in der Nacht kann der Ladevorgang deutlich langsamer sein. Hier hat man vier bis sechs Stunden Zeit, häufig sogar acht. Und da immer nur ein Teil der Busflotte im Depot ist, ist die Infrastruktur, also die Stromversorgung der Ladesäulen selber, auch kein Problem.
Eigene Fertigung als Innovationsschmiede
Patrick Heuts führt uns in einen Bereich der Fertigung, in dem der Busbauer eigene Ladesäulen fertigt. „Hier finden gleich zwei Busse Platz. Die Säulen sind abgestimmt auf die Bedarfe speziell unserer schweren Batteriepacks.“ Wohin unser Auge auch blickt, überall lacht uns im Bereich der Leistungselektronik der Phoenix Contact-Schriftzug an. Leider klappen die Kollegen die Säulen schnell zu – wir sind schließlich im Automobilbereich unterwegs, da steht Geheimhaltung ganz weit oben!
Nicht mehr ganz so geheim, sondern schon in der Auslieferung ist dagegen ein eigener Laderoboter. Richtig gelesen: Bei EBusco werden in Zukunft Robotersysteme zum Einsatz kommen, die den vorfahrenden Bussen zuverlässig und stets korrekt eingesteckt Energie zukommen lassen.
Was zum Komplex des autonomen Fahrens führt. Patrick Heuts hat klare Vorstellungen von der nahen Zukunft. „Es ist nicht schwierig, einen Bus autonom fahren zu lassen. Die Systeme sind heute schon nahezu alle an Bord, ob Abstands- und Tempomatregelung, Verkehrserkennung, Lenkunterstützung und Bremsen und jetzt sogar unser Roboterladesystem. In Busdepots, wo es nahezu keinen alternativen Verkehrsteilnehmer gibt, steht das autonome Fahren schon unmittelbar bevor. Aber es geht ja darum, einen Bus im normalen Straßenverkehr unter allen Umständen sicher zu handhaben. Da bin ich noch skeptisch.“ Und was denkt der Innovationsmanager von EBusco über das Berufsbild des Busfahrers? Ein Job mit Chancen? „Nein. Ich bin mir sicher, dass es vielleicht noch zehn Jahre dauern wird, bis Kollege Roboter das Lenkrad komplett übernommen hat.“ Arbeitet auch EBusco an solchen Systemen? Patrick Heuts schmunzelt und schweigt.
Man darf sich also sicher sein, dass EBusco auch in Zukunft die Geschicke des öffentlichen Personennahverkehrs mitbestimmen wird, ob mit innovativen Konzepten des Fahrzeugbaus oder in der Technologie drumherum.