Stecker rein, aufladen, Stecker raus, abfahren – ist doch ganz einfach, oder? Damit das auch genau so einfach klappt, geschieht im Hintergrund allerdings eine ganze Menge. Wie Elektromobilität tatsächlich funktioniert, wird im All Electric Society Park im Detail verraten …
Egal ob Tesla oder E-Bike – selbst Busse können (testweise) im All Electric Society Park laden. Der Anspruch: Alles muss (fast) so einfach ablaufen wie beim Besuch einer herkömmlichen Tankstelle mit Diesel oder Benzin. Dafür stehen den vierrädrigen Fortbewegungsmitteln zwei unterschiedliche Ladestationen zur Verfügung. Drei der schlanken Energiespender sind AC-Ladesäulen mit je zwei Ladeanschlüssen, die die Elektroflitzer mit Wechselspannung füttern. Und das bis zu 22 kW. Das dauert natürlich ein wenig, ist eher für den längeren Aufenthalt bei Phoenix Contact gedacht. Dafür schont es aber auch die Batterie, denn langsames Laden stresst die Akkus nicht.
Deutlich schneller geht es, wenn die DC-Ladestationen ins Spiel kommen. In wenigen Minuten wird die Batterie bis auf 80 Prozent ihrer Kapazität geladen. Mehr macht beim Laden mit DC wenig Sinn, denn dann leidet der teure Fahrzeugakku unnötig. Da sind sich Smartphone und E-Mobil sehr ähnlich. Das DC-Laden ist daher für den schnellen Schluck zwischendurch. An den sechs DC-Ladesäulen kommt natürlich das ganze Know-how von Phoenix Contact zum Einsatz. Dickere Kabel, größere Stecker, gekühlt und Award-prämiert, geziert mit Logo und dem Aufdruck „HPC“ (für High Power Charging). So stehen den Benutzerinnen und Benutzern bis zu 350 kW Ladeleistung zur Verfügung.
Entwicklung aus Blomberg
„Phoenix Contact fertigt keine eigenen Ladesäulen. Aber hier im All Electric Society Park wollten wir selbst entwickelte Säulen aufstellen, bei denen wir per gläserner Abdeckung den Einsatz unserer Komponenten in einer Ladesäule zeigen können.“ Andreas Diekmann ist seit 2011 bei Phoenix Contact und verantwortet seit 2021 die Hardware-Entwicklung von und für Ladesäulen, deren Netzanbindung und den dazugehörigen Schaltschrankbau. „Und obwohl wir nahezu alle Komponenten von Ladesäulen im Produktportfolio haben, mussten wir trotzdem eine ziemliche Lernkurve absolvieren, um in der kurzen Zeit auch tatsächlich eigene Säulen herstellen zu können.“ Dem Projektteam blieben von der Entscheidung zum Bau bis zur Aufstellung und notwendigen Sicherheitstests nur sehr sportliche 14 Monate Zeit – entsprechend eng getaktet waren die Terminkalender.
„Und das war ja nur ein Aspekt bei dem gesamten Thema Elektromobilität hier im Park“, ergänzt Rolf Stanislawski. Der Abteilungsleiter des Facility Managements am Standort Blomberg ist verantwortlich für das weite Feld der Infrastruktur, vom firmeneigenen Fuhrpark bis zur Einlasskontrolle, vom Werksschutz bis zu Sonderprojekten wie diesem Park – langweilig wird dem altgedienten Urgestein von Phoenix Contact nicht. „Aber dieser Park ist schon etwas ganz Besonderes“, gerät Stanislawski ins Schwärmen. „Es war und ist noch immer enorm, mit welchem Schwung und welcher Hingabe hier ganz eng im Team zusammengearbeitet wurde und wird, und das aus so vielen Fachrichtungen.“
Die beiden Experten begutachten die Schächte für die Anschlusskabel von Strom und Kommunikation, die zu jeder Ladesäule führen. „Die neuen DC-Ladesäulen sind schlank, aber hoch.“ Diekmann zeigt nach oben. „Die passen zwar locker unter die aufgeständerten Solarpaneele. Aber beim Aufbau wird das schon eng.“ Andreas Diekmann zeigt nicht ohne Stolz ans Kopfende der Säule: „Die Kabelzuführung ist etwas ganz Besonderes. Denn die hohe Ladeleistung, die hier ins Fahrzeug gehen soll, verlangt nach dicken Kabeln. Deshalb haben wir dafür ein Kabelmanagementsystem entwickelt, das verhindert, dass die Ladekabel auf dem Boden liegen. So wird der Umgang mit dem sperrigen Kabel viel leichter.“ Begeistert führt er die innovative Neuentwicklung vor. Und erwähnt fast beiläufig, dass darauf auch ein Patent angemeldet wurde. Phoenix Contact denkt also nicht nur an die elektrischen Verbindungen und Steuerungstechnologie, sondern geht ganzheitlich an das Thema E-Mobilität.
E-Mobility macht warm
Gemeinsam mit Rolf Stanislawski queren wir die Flachsmarktstraße auf dem Weg zum Pavillon des All Electric Society Parks. „Hier im Kontrollzentrum sehen wir ganz genau, mit welcher Leistung die je sechs AC- und sechs DC-Ladepunkte aktuell arbeiten,“ schildert Stanislawski. Von der Dachterrasse hat man einen Panoramablick auf den E-Mobility-Bereich. Um ideal zur Sonne ausgerichtet zu bleiben, bewegt sich der kleinere der beiden Solartracker gerade fast unmerklich. Der Bereich rund um die Elektromobilität ist wie eine Miniaturausgabe des ganzen Parks. Ein eigener Batteriespeicher mit 280 kW gespeicherter Energie sorgt dafür, dass auch mehrere Schnellladungen gleichzeitig nicht das gesamte Stromnetz ins Schwanken kommen lassen.
„Wir haben aber nicht nur an den Stromfluss im E-Mobility-Bereich gedacht“, Stanislawski zeigt auf die andere Seite des Parks, „gleichzeitig nutzen wir die beim Laden entstehende Verlustleistung und speisen diese Wärme in das kalte Nahwärmenetz ein. So geht auch diese Energie nicht verloren.“ Der Facility Manager ist sich sicher: „Das ist beispielgebend, etwa für Ladeparks an Wohngebäuden. Mit Ideen wie denen, die wir hier im All Electric Society Park umgesetzt haben, wird Elektromobilität noch attraktiver.“
Facts
- 350 Kilowatt Ladeleistung können die Schnellladestationen maximal zur Verfügung stellen
- 6 der superschnellen Energiespender stehen im Park zur Verfügung
- 12 Ladepunkte für E-Bikes
- 280 Kilowattstunden Speicherkapazität des Batteriespeichers