Wind kann nicht nur heulen und säuseln, sondern auch brummen und knarzen. Wo Schwingungen und Vibrationen im Spiel sind, bringt Wölfel seine jahrzehntelange Expertise in Schwingungsmonitoring und -minderung ein. Gemeinsam mit Phoenix Contact hat man beim Thema Strukturüberwachung und Eiserkennung an Windenergieanlagen genauer hingehört.

Die Wolken am Horizont türmen sich auf. Erste Windböen peitschen übers Land. Ein Gewitter schiebt sich heran. Sebastian Obermeier und Nils Lesmann bekommen davon nichts mit. Denn sie sind in der Blattwurzel einer Windenergieanlage aktiv. Gemeinsam mit weiteren Experten testen sie ein Sensorupdate und richten eine Funkverbindung zur Datenübertragung in die Windgondel ein. Um an das Bluetoothmodul im 56 Meter langen Blatt zu kommen, klettert Lesmann gut zehn Meter weit in den engen Flügel. Es ist bereits das zweite der drei Blätter, die heute dran sind. Auf einmal kommt das Kommando: „Raus aus dem Flügel, runter von der Anlage.“
Runter vom Turm!
Das Gewitter ist bedrohlich nah gekommen. Auf dem Weg zurück in die Gondel sehen die Ingenieure schon die ersten Funken der elektrostatischen Aufladung an der Wetterstation. Es knistert vernehmlich. Doch der Sicherungsingenieur, der unten vor der Windenergieanlage den Kontakt hält, hat rechtzeitig den Rückzug angeordnet. Das Team erreicht wohlbehalten den sicheren Boden. Wer den Wind einfangen will, muss ihm standhalten. Und bewegte Luft kann sehr launisch sein. Mal ist es ein laues Lüftlein, das um die Rotorblätter streicht, mal sind es wie heute bei Gewitter heftige Böen, die dem Turm mit enormen Kräften zusetzen. Manchmal ist es mechanischer Verschleiß, der die Anlage strapaziert. Und gar nicht so selten ist es auch gefrierendes Wasser, das für unerwünschte Unwuchten sorgt.
All diese Einflüsse verringern Lebensdauer und Ertrag von Windenergieanlagen teilweise drastisch. Es ist daher sinnvoll, den Zustand der spargelförmigen Energieerzeuger im Blick zu haben – je genauer, desto besser. Und in diesem Metier hat sich ein Dream Team gefunden. Das Unternehmen Wölfel ist darauf spezialisiert, Strukturveränderungen zu detektieren und mittels einer ausgeklügelten Datenanalyse möglichen Schwachstellen und negativen Einflüssen auf die Spur zu kommen. Phoenix Contact steuert die passende Hardware und Expertise in Sensorik und Automatisierung bei.
Zugehört und analysiert
Heute hat das Gewitter gewonnen, es geht zurück ins Büro. Sebastian Obermeier ist Experte für die Algorithmusentwicklung an Windenergieanlagen bei Wölfel und erklärt, was Schwingungen an Windtürmen bewirken: „Man kann sich das wie beim Musikinstrument vorstellen – das Rotorblatt schwingt in seinen ganz eigenen Frequenzen – für das menschliche Ohr allerdings nicht hörbar. Diese Schwingungen verraten aber viel über die Struktur, potentiellen Eisbelag oder eventuell aufgetretene Schäden. Wir unterscheiden dabei zwischen den Eigenfrequenzen der Rotorblätter selbst und angeregten Schwingungen durch äußere Einflüsse oder Betriebslasten.“
Seit mehr als 50 Jahren nimmt sich das im unterfränkischen Höchberg beheimatete Ingenieursunternehmen der Themen Schwingungen und Akustik an. Gegründet von Professor Dr.-Ing. Horst Peter Wölfel anno 1971, entwickeln heute rund 170 Mitarbeiter an mittlerweile fünf Standorten Lösungen rund um Erdbeben-Engineering, Erschütterungsschutz, Schallimmissionsschutz, Schwingungsminderung oder eben Structural Health Monitoring von Windenergieanlagen. Standort für die Themen rund um die Windenergie ist Hamburg, wo bekanntermaßen deutlich häufiger eine steife Brise weht als in Unterfranken.
Sebastian Obermeier erläutert, welchen Beitrag eine kontinuierliche Schwingungsmessung an Windenergieanlagen leisten kann: „Unentdeckte Risse, Materialermüdung oder Eisansatz – all das kann sich über veränderte Schwingungsmuster bemerkbar machen. Wer frühzeitig zuhört, kann Schäden vermeiden und die Verfügbarkeit der Anlage auch noch deutlich steigern. Ein kontinuierliches Schwingungsmonitoring vor allem der Rotorblätter macht den Betrieb also effizienter und sicherer.“

Nils Lesmann, einer der Experten im Windteam von Phoenix Contact, beschreibt die Zusammenarbeit beider Unternehmen: „Wir entwickeln schon einige Jahre gemeinsam moderne Condition-Monitoring-Systeme. Es geht nicht nur darum, präzise messen zu können. Wichtig ist die Integration der Daten in die Steuerungssysteme von Windkraftanlagen. Daher haben das von Wölfel entwickelte Structural Health Monitoring (SHM.Blade) und die Eiserkennung (IDD.Blade) auch ihren Platz auf der offenen Plattform der PLCnext Technology von Phoenix Contact gefunden und sind in die komplette Rotorblattüberwachung Blade Intelligence integriert.“
Tücke im Detail
Diese Integration basiert auf jahrelanger gemeinsamer Entwicklungsarbeit. Was vorher im Labor oder am Rechner reibungslos funktioniert hat, wird in der Praxis auf dem Turm oder im Blatt an die Grenzen der Funktionalität – oder darüber hinaus – belastet. Die Tücke steckt dabei häufig im Detail. Schirmen etwa metallene Bauteile in der Gondel die Funkübertragung ab? Wie sind die Sensoren befestigt, um zuverlässig und jahrelang Daten an die Steuerung zu melden? Wie findet der nötige Datentransfer vom Sensor zur Steuerung statt?
„Schließlich stellt sich eine Fehlfunktion erst dann heraus, wenn nach der Installation eine Anlage wieder im Betrieb ist. Was bedeutet, dass im Falle von Fehlermeldungen die Windenergieanlage wieder für Verbesserungen gestoppt werden muss und teure Ausfallzeiten auf die Entwickler zukommen, denn Stillstandzeiten müssen natürlich bezahlt werden“, so Sebastian Obermeier. „Deswegen sind beispielsweise Entwicklungen für den Offshore-Bereich auch so aufwändig und kostspielig. Da kann man nicht mal eben mit dem Transporter vorfahren und auf den Turm steigen.“ Genaue Planungen, fundiertes Fachwissen und viel Erfahrung sind nötig, um die knappen Entwicklungsbudgets nicht zu sprengen.

Die jahrelange Zusammenarbeit zahlt sich für beide Unternehmen aus, wie Nils Lesmann feststellt: „Das Ergebnis ist eine leistungsstarke Plug-and-Play-Lösung: Die Sensordaten fließen direkt in die offene Steuerungsplattform – für maximale Transparenz, Flexibilität und Anschlussfähigkeit im Parkverbund oder Richtung Cloud. So wird die Monitoring- und Analyse-Expertise von Wölfel ideal ergänzt durch die Verbindungstechnik und Steuerungskompetenz von Phoenix Contact. Damit können wir einen modularen Aufbau für das Monitoring von Windenergieanlagen anbieten, der im gesamten Windenergiebereich einmalig ist.“
www.woelfel.de
Strukturüberwachung Windenergie Phoenix Contact