Der Seeschifffahrtsweg von der Nordsee ins belgische Gent ist 32 Kilometer lang, 200 Meter breit und beidseits beleuchtet. Die Steuerung der Lichtanlage muss ausfallsicher und robust sein. Komponenten von Phoenix Contact sorgen dafür, dass der Steuermann nicht vom rechten Weg abkommt.
Anno 1549 wurde die Sassevaart eingeweiht. Diese mittelalterliche künstliche Schifffahrtsstraße stellte die Verbindung von Gent zur Nordsee her. Zuvor war der Fluss Zwin die Seefahrtstraße; er verschlammte jedoch zusehends und wurde unbefahrbar. Die Sassevaart ist der Vorläufer des 1827 eröffneten Kanals von Gent ins niederländische Terneuzen, wo die große Seeschleuse den Weg weist in die Westerschelde und damit in die Nordsee.
Nach Antwerpen und Brügge-Zeebrügge ist ausgerechnet das im Hinterland gelegene Gent der drittgrößte Seehafen Belgiens. Umgeschlagen werden vor allem Schüttgüter wie landwirtschaftliche Erzeugnisse und Eisenerze.
Der Kanal Gent-Terneuzen, der über zwei Schleusen in Terneuzen verfügt, ist heute 32 Kilometer lang, 12,5 Meter tief und 200 Meter breit, weshalb ihn Seeschiffe mit einer Ladung bis 125.000 Tonnen befahren können.
Schifffahrt bis ins Hinterland
Die Streckenbefeuerung, also die Uferbeleuchtung des Kanals, erweist sich als wesentlicher Bestandteil der technischen Infrastruktur einer Wasserstraße. So können Kapitäne, Lotsen und Kanalsteuerer den Verlauf der Kanalstrecke nachts ebenfalls deutlich erkennen. In diesem Zusammenhang ist eine wichtige Anforderung, dass alle Lampen unabhängig voneinander funktionieren. Fällt dann ein Leuchtkörper aus, beeinträchtigt das den Betrieb der anderen Lampen nicht. Darüber hinaus muss die Spannung an jedem Leuchtmittel konstant sein – und das selbst bei starken Belastungsschwankungen. Am Kanal Gent-Terneuzen sorgen 300 beleuchtete Masten, die an beiden Uferseiten installiert sind, für eine sichere Durchfahrt der Schiffe auch bei Nacht.
Das niederländische Unternehmen Istimewa Elektro B.V. hat sich auf die Bereiche Offshore, Infrastruktur, Wasser und Umwelt spezialisiert. 2016 erhielt Istimewa Elektro den Auftrag zur Erneuerung der Beleuchtung des niederländischen Abschnitts des Kanals. Damit die neuen LED-Leuchten besser gruppiert werden können, stellte das Unternehmen zusätzliche Schaltkästen auf, die lokal an das Stromnetz angeschlossen sind. Allerdings gab es seinerzeit keine Steuerleitungen, um die Beleuchtung zentral ebenso wie dezentral zu schalten.
Funk statt Kabel
Durch die Seitenhäfen beträgt die Länge des niederländischen Kanalabschnitts 26 Kilometer. „Wegen der erheblichen Kosten, die die Verlegung von Steuerleitungen nach sich zieht, standen wir vor der Herausforderung, eine kostengünstigere Alternativlösung zu finden“, erläutert Wilco van Genderen, als Projektmanager bei Istimewa Elektro tätig. „Wir haben uns letztendlich für das Radioline-Funksystem von Phoenix Contact entschieden“, führt Max Verveer, technischer Ingenieur bei Istimewa Elektro, weiter aus.
Nach der ersten Streckenplanung durch die Mitarbeiter des technischen Supports von Phoenix Contact wurde vor Ort die optimale Position der Funkmodule und Antennen ermittelt. Dabei zeigte sich, dass die Steuerkästen für die Beleuchtung teilweise weit voneinander entfernt aufgestellt sind und durch Hindernisse wie Bäume oder Gebäude verschattet werden. In diesem Fall ermöglicht das modulare Radioline-System den Einsatz verschiedener Funkfrequenzen. Nur mit 868-MHz-Funkmodulen sind diese Distanzen und die Durchdringung von Hindernissen möglich.
Entlang des Kanals sind insgesamt 17 Steuerkästen zur Schaltung der Beleuchtung verbaut. Der größte Abstand zwischen zwei Kästen beträgt mehr als zwei Kilometer. Zur Übermittlung der Steuerbefehle ist pro Steuerkasten ein Radioline-Funkmodul in Kombination mit einem I/O-Erweiterungsmodul installiert.
Sicherheit durch Wiederholung
Über jeden Kasten werden zwei Beleuchtungsstränge (Nord/Süd) aktiviert. Das geschieht einerseits automatisch. Wenn es dunkel wird, kann aber auch manuell durch einen Brückenwärter oder aus der zentralen Leitwarte in Terneuzen geschaltet werden. „Das Funknetzwerk nutzen wir nicht nur zur Steuerung der Beleuchtung. Darüber hinaus dient es der Übertragung unterschiedlicher Statussignale der Brücken und Schleusen an die Leitzentrale“, erklärt Herman de Grave, der als Planer bei Istimewa Elektro beschäftigt ist. Durch die redundanten Kommunikationswege ist die Verbindung störungssicher, sodass selbst große Schiffe, welche die Sichtverbindung zwischen den Stationen blockieren können, nicht zu einem Funkausfall führen.
„Das Funknetzwerk ist seit April 2017 in Betrieb. Bisher hat es keinen Ausfall gegeben – weder bei Nebel oder Schnee, noch bei großen vorbeifahrenden Schiffen“, stellt Wilco van Genderen abschließend fest.
So macht moderne Funktechnologie den historischen Schifffahrtsweg auch für die nächsten Generationen passierbar.