Alle drei Söhne von Josef Eisert folgten ihrem Vater in das Familienunternehmen. Ihr Wirken prägt nicht nur die Historie des ostwestfälischen Unternehmens, sondern definiert auch heute noch das Selbstverständnis und die Einzigartigkeit von Phoenix Contact.
Klaus Eisert – Konstrukteur aus Leidenschaft
Würde man eine Blaupause für einen visionären, technikversessenen, bescheidenen und zugleich sehr erfolgreichen Firmenpatriarchen suchen, dann wäre Klaus Eisert allererste Wahl. Geboren 1934 in Berlin Siemensstadt, später aufgewachsen im Schwarzwald, tritt er in die Fußstapfen seines Vaters, studiert Elektrotechnik in Freiburg und spezialisiert sich auf Starkstromtechnik in Karlsruhe.
1949 begegnet der 15-Jährige einem Mann, der sein Leben entscheidend beeinflussen wird: Hugo Knümann. Zwar dauert das Treffen, bei dem die Knümanns die Familie Eisert im Schwarzwald besuchen, nur wenige Stunden. Doch im Testament wird Klaus Eisert später mit 15 Prozent der Firmenanteile bedacht.
In den Semesterferien arbeitet Klaus Eisert im väterlichen Unternehmen in der Essener Schinkelstraße am Zeichenbrett der Konstrukteure. Eine Leidenschaft, der er treu bleibt. Was immer zur Hand ist, wird von dem unermüdlichen Konstrukteur mit Skizzen und Zeichnungen veredelt, wann immer eine Idee festgehalten werden will. Und derer gibt es viel mehr, als „nur“ die über 80 Patente verraten, die Klaus Eisert innehat.
Als Josef Eisert 1975 stirbt, übernimmt Klaus Eisert sowohl die Firmenleitung als auch die Anteile seines Vaters am Unternehmen. So wird er dessen geschäftsführender Gesellschafter. Eine Position, die er 40 Jahre innehält. Unter seiner Führung wird die Phönix Elektrizitätsgesellschaft zu Phoenix Contact und vom kleinen, aber feinen Mittelständler zu einem globalen Weltmarktführer mit Milliardenumsätzen und Tochtergesellschaften in mehr als 50 Ländern.
Klaus Eisert prägt nicht nur Generationen von Ingenieuren und Technikern, sondern auch die ganz besondere Unternehmenskultur von Phoenix Contact. Sie ist gekennzeichnet von einem menschlichen Miteinander, einem wertschätzenden Umgang untereinander und einem zurückhaltenden Auftritt in der Öffentlichkeit. Ihm gelingt 2015 der Wechsel an der Firmenspitze hin zu einer Geschäftsführung, die nicht aus Familienmitgliedern besteht, aber die technische und betriebswirtschaftliche Kompetenz so fortsetzt, wie es Klaus Eisert seit Jahrzehnten vorlebt.
Klaus Eisert ist nach wie vor fast täglich auf dem Firmengelände unterwegs. Und die Präsenz in „seiner“ Konstruktionsbesprechung jeden Donnerstag früh lässt sich der Senior nur von noch wichtigeren Terminen nehmen.
Jörg Eisert – der technische Organisator
Jörg Eisert folgt seinem älteren Bruder auf dessen technisch orientierter Laufbahn. Geboren 1935 in Berlin, dort und später im idyllischen Freiburg aufgewachsen, studiert auch Jörg Eisert am Technikum in Karlsruhe, zwei Semester später als sein Bruder Klaus. Anders als dieser spezialisiert sich Jörg Eisert auf die „Schwachstromtechnik“, den Vorläufer der Welt von Elektronik und Fernmeldetechnik. In den Semesterferien schnuppern die Brüder Praxisluft an den Zeichenpulten der väterlichen Konstruktionsabteilung. Da der Ältere sich zwei Freisemester „gönnte“, schließen die beiden Eiserts gemeinsam ab und beginnen Anfang der 60er-Jahre bei der Phönix Elektrizitätsgesellschaft mit Firmensitz in Essen.
Jörg Eisert übernimmt 1963 die Werksleitung des noch jungen Blomberger Standorts. Er konzentriert sich auf den Aufbau der verschiedenen Produktionsbereiche und die Organisation in Blomberg. Und auch der Standort Lüdenscheid, wo sich Phoenix Feinbau befindet, fällt in seinen Zuständigkeitsbereich. Der offizielle Firmensitz befindet sich allerdings noch in Essen.
Die Verteilung auf die verschiedenen Standorte bedeutete für die leitenden Mitarbeitenden und vor allem Jörg Eisert vielfache Fahrten quer durch das Land. Mindestens einmal pro Woche tourt er nach Lüdenscheid, zunächst von Essen, später vom endgültigen Firmensitz Blomberg aus.
Am Abend des 11. September 1979 ist er von Blomberg aus unterwegs nach Lüdenscheid. Die Strecke führt entlang eines großen Truppenübungsplatzes der britischen Armee in der Senne, zwischen Detmold und Paderborn. Dort prallt er mit seinem BMW auf einen stehenden, unbeleuchteten Panzer. Jörg Eisert verstirbt noch an der Unfallstelle.
Seine Aufgaben der Betriebs- und Werksleitung übernimmt Klaus Eisert.
Gerd Eisert – think global, act local
Der jüngste der drei Eisert-Brüder besucht statt einer technischen eine Handelsschule, wo er sein kaufmännisches Abitur erreicht. Schon in der Schulzeit betreibt er nebenbei einen Autowasch-Service für betuchte Automobilisten.
Ende der 60er-Jahre nach Abschluss seines BWL-Studiums in Köln folgt auch Gerd Eisert seinem Vater und den beiden älteren Brüdern nach Blomberg. Diese kümmern sich neben Produktion und Entwicklung auch um Vertrieb und Marketing. Damit sind alle zentralen Aufgaben des mittelständischen Unternehmens eigentlich verteilt.
Doch der junge Gerd Eisert erkennt die Lücke. Er widmet sich dem Exportgeschäft und erkennt schnell, dass hier die entscheidenden Wachstumsmöglichkeiten liegen. Die Firma ist zu rund 75 Prozent auf das Deutschland-Geschäft ausgerichtet, das Auslandsgeschäft wird quasi „nebenbei“ über nationale Vertretungen mitbedient, die neben Phoenix Contact-Produkten auch alle möglichen anderen elektrotechnischen Produkte vertreiben. Hauptabsatzmärkte sind die Schweiz und Österreich sowie Schweden, Dänemark und Finnland, wo die Elektrizitätsversorger die Phönix-Klemmen besonders schätzen.
Doch das Unternehmen will neue Branchen erobern, vor allem im Maschinenbau, der Automobilindustrie und im Steuerungsbereich. Diese Kunden agieren international. Das führt zu einer neuen Aufstellung. Unter der Regie von Gerd Eisert wird ab 1980 jährlich mindestens eine neue Tochtergesellschaft gegründet. Diese Internationalisierung beginnt mit den ersten drei Tochtergesellschaften in der Schweiz, in Schweden und in den USA.
Dabei geht Eisert sehr systematisch vor: Die neue Gesellschaft führt stets ein lokaler General Manager, der sich sein Team selbst zusammenstellt. Gerd Eisert entwickelt ein fast untrügliches Gespür, genau den richtigen Experten zu finden. Dabei folgt er der Devise: „Think global, act local“. Das Prinzip wird zur Erfolgsgeschichte. Alle Kataloge werden in die jeweilige Landessprache übersetzt. Vielfach entstehen eigene Lager in den Ländern, um passend auf die Bedürfnisse vor Ort zu reagieren. Die nötigen Gebäude werden meist im Phoenix Contact-Stil neu errichtet.
Mitte der 90er-Jahre wird der immer stärkeren Internationalisierung auch strukturell Rechnung getragen. Dem Vertrieb Deutschland wird ein Vertrieb International gegenüber gestellt. Die große Klammer ist zunächst Gerd Eisert selbst, der unablässig unterwegs ist, Messen organisiert, Kunden besucht und das ausländische Vertriebsnetz koordiniert sowie internationale Meetings organisiert.
Aufgrund einer Diabeteserkrankung, die Gerd Eisert zunehmend einschränkt, übernimmt der damalige Leiter des Vertriebs Deutschland, Frank Stührenberg, seine Aufgaben im Jahr 2001. Gerd Eisert verstirbt Ende Dezember 2001 in Blomberg.