2020er Jahre – Generation Zukunft

Nachfolge ist ein zentrales Thema für jedes Familien­unternehmen. Im Gespräch mit der UPDATE verraten drei Vertreter der nächsten Generation der Gründerfamilien, was Phoenix Contact für sie bedeutet und wo sie sich und das Unternehmen in den nächsten Jahrzehnten sehen.

Robert Braunbehrens, Thomas Eisert und Tim Hohage (v.li.)

Sie stehen für die nächste Generation bei ­Phoenix ­Contact: Thomas Eisert, Robert Braunbehrens und Tim Hohage haben prominente Vorfahren, kennen und schätzen ihr Unternehmen in vielfacher Hinsicht, bringen aber auch neue Sichtweisen und unverstelltes Denken in den Kreis der Gesellschafter.

UPDATE: Herr Eisert, Herr Braunbehrens, Herr ­Hohage, Sie sind alle drei mit dem Unternehmen Phoenix Contact groß geworden. Welche Rolle spielte Phoenix Contact in Kindheit und Jugend?

Thomas Eisert

Thomas Eisert: Natürlich war das immer präsent. Ich bin hier in Blomberg aber sehr bodenständig aufgewachsen, ohne großes Trara um Namen und Herkunft. Das war meinen Eltern wichtig. Aber unsere Besuche auf der ­Hannover Messe etwa waren schon als Kind immer ein Highlight. Das sind sie übrigens noch immer. Die Bedeutung meines Nachnamens ist mir erst bewusst geworden, als ich aus Deutschland weggegangen bin. Und in meiner Zeit an der Universität fand ich es faszinierend, dass für mich viele der theoretischen Themen der Vorlesungen gleich in der Praxis zu beobachten waren.

Robert Braunbehrens: In meiner Klasse wusste das jeder, na klar. Aber ansonsten war und ist meine Familie eine ganz normale. Und ­Phoenix ­Contact war einfach immer ein Teil, war immer präsent.

Tim Hohage: (lacht) Ich bin ja kein Ostwestfale. Meine ­familiären Wurzeln liegen in der Familie Berg, mein Uropa Eugen Berg war einer der Gründer von ­Noelle & Berg, dem heutigen Phoenix Feinbau in Lüdenscheid. Mein Groß­vater war viele Jahre Geschäftsführer von ­Phoenix Feinbau, also bin ich durch die vielen Besuche mit Stanz­maschinen, Schneidöl und dem Geruch von heißem ­Metall aufgewachsen.

UPDATE: Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie mit und bei Phoenix Contact beziehungsweise ­Phoenix Feinbau gesammelt?

Thomas Eisert: Ich habe hier eine dreijährige Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht, bevor ich dann mein Studium begonnen habe. Unabhängig von Familie und als Mitglied im Gesellschafterkreis habe ich also ganz handfeste Erfahrungen im Unternehmen.

Robert Braunbehrens: Wir wurden nie gedrängt, hier anzufangen. Aber auch ich habe hier einige Praktika durchlaufen, kenne mich auf dem Campus also ganz gut aus.

Tim Hohage

Tim Hohage: Nach meinem Abitur habe ich ein dreimonatiges Ingenieurspraktikum in Schieder gemacht, kenne also die Grundzüge unserer Fertigung, war auch eine Zeit bei Protiq. (lacht) Ich habe sogar die Blitzer in der Gegend drauf. Im letzten Sommer war ich für einen Monat bei unserer Tochtergesellschaft in den USA. Und ein paar Wochen in Lüdenscheid kommen noch dazu. Dank Phoenix Contact bekomme ich damit tolle Anregungen und Impulse für mein BWL-Studium.

UPDATE: Sie sind alle drei noch sehr jung und schon Gesellschafter in einem Milliardenunternehmen. Es gibt nur ganz wenige Menschen auf der Welt, die in Ihrer Situation sind. Ist das etwas, was belastend ist, was stresst?

Robert Braunbehrens: Was man hat, ist eine Verantwortung. Die geht auch nie wieder weg, das war immer klar. Wenn man sagen würde, das mache gar nichts mit einem, dann wäre das nicht richtig. Aber wir alle drei haben das Glück, in relativ normalen, bodenständigen Familien aufgewachsen zu sein. In einer superkleinen, schönen Stadt, wo die Leute alle auf dem Boden geblieben sind. Das hat uns ­geprägt.
Wenn wir mal hier sind, etwa bei Vorträgen, dann ­denke ich häufig: Mann, wie können diese Leute hier so gut sein. Das macht schon ein wenig demütig.

Tim Hohage: Eine Belastung ist es definitiv nicht, die Verantwortung spüren wir aber schon, denn wir wissen natürlich, dass an diesem Unternehmen mittlerweile mehr als 22.000 Mitarbeitende hängen, viele davon mit Familie. Wir sind zwar nicht direkt operativ, aber doch lenkend und damit indirekt mitverantwortlich.

UPDATE: Wie klappt eigentlich das familiäre Zusammenspiel zwischen den Eisert-Familien und den Gründern von Phoenix Feinbau?

Robert Braunbehrens

Robert Braunbehrens: Es ist ein Familienunternehmen, mit einem Gesellschafterkreis, der sich häufig trifft. Wir gehen partnerschaftlich und familiär miteinander um, da spielen Anteile keine Rolle.

Thomas Eisert: Wir in unserer Generation sind ja so großgeworden, wie es jüngst auch rechtlich vollzogen ist – als eine Firma. Wir haben Gesellschaftertreffen und auch Familienbesuche, tauschen uns auch zwischendurch schnell mal telefonisch aus.

Tim Hohage: Dass wir aus ursprünglich zwei Unternehmen entstanden sind, ist schon lange nur noch eine rechtliche Formalie gewesen. Wir haben das Unternehmen immer als eine Einheit verstanden. Wir verstehen uns als eine Phoenix Contact-Familie. Gerade in unserer Generation.

UPDATE: Was bedeutet Ihnen das Stichwort Firmenkultur? Was macht in Ihren Augen Phoenix Contact anders als andere Unternehmen?

Thomas Eisert: Als ich in meiner Ausbildung war, kam ein neuer Kollege aus einem in der Region ansässigen Großunternehmen zu uns, mit dem ich dann ins Gespräch gekommen bin. Er war glücklich, dass er hier nicht nur eine Nummer wäre, sondern als Mensch wahrgenommen würde. Das hat mich damals sehr gefreut und auch berührt.

Robert Braunbehrens: Für mich ist Firmenkultur, dass man sich morgens auf Arbeit und Kollegen freut. Einfach gesagt – aber das muss erstmal gelebt werden. Das fängt mit solchen auf den ersten Blick trivialen Dingen an wie dem Grüßen auf dem Firmengelände. Das hat mich beeindruckt und ist in anderen Unternehmen nicht so.

Tim Hohage: Die Leidenschaft für Technologie, wie sie etwa in den wöchentlichen Konstruktionsrunden praktiziert wird, ist wirklich einzigartig. Und die Hingabe, mit der bei uns selbst die kleinsten und scheinbar unwichtigen ­Produkte perfektioniert werden, finde ich faszinierend.

Im Interview: Thomas Eisert, Robert Braunbehrens und Tim Hohage

UPDATE: Was bedeutet das Thema All Electric ­Society für Sie?

Robert Braunbehrens: China produziert dieses Jahr Solarzellen in einer Größenordnung von 300 Gigawatt. Das ist mehr als alle anderen Quellen zur Stromerzeugung zusammen. Gegen Ende des Jahrzehnts könnte das ein Terawatt sein. Jedes Jahr steigt der weltweite Strombedarf um die Größe des Verbrauchs von Frankreich. Und wir sind dabei. Wir sind in der richtigen Branche, in der unglaublich spannende Dinge passieren. Die komplette Menschheit orientiert sich um, entscheidet neu, wie sie leben will. Und das gestalten wir mit, daran nehmen wir aktiv teil. Das ist für mich All Electric Society.

Thomas Eisert: Wir sind einfach zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Wir müssen eine neue Wirtschaftswelt auf­bauen. Das bedeutet Veränderungen. Wir haben das Glück, dass wir die richtigen Produkte haben und den Wechsel früh erkannt haben …

Robert Braunbehrens

Robert Braunbehrens: … Es ist nicht Glück! Es ist das Ergebnis von harter Arbeit und den richtigen Vorbereitungen und der strategischen Ausrichtung.

Tim Hohage: Wir sind durch unsere Produktpalette wirklich gut aufgestellt, da schätze ich unsere Zukunft in der kommenden Dekade wirklich gut ein …

Thomas Eisert: … und weit darüber hinaus, die nächsten 30 oder 40 Jahre. Dieser Umbau wird ja nicht so schnell umgesetzt und abgeschlossen sein, wenn man sich die Dimen­sionen anschaut. Wir haben hier eine Möglichkeit, die viele gar nicht haben werden. Wir wollen ja in der ­Zukunft leben, nicht in der Vergangenheit. Und wir alle hier bei Phoenix Contact können diese Zukunft mit­gestalten.

UPDATE: Ist es vorstellbar, dass es irgendwann wieder Familien­mitglieder gibt, die in der operativen Leitung des Unternehmens verantwortlich tätig werden?

Thomas Eisert

Thomas Eisert: (schmunzelt) Es ist biologisch möglich. Es ist rechtlich möglich. Also ist es theoretisch möglich.

Tim Hohage: Die Option ist natürlich offen …

Robert Braunbehrens: … wir sind uns aber einig: Wenn jemand sich meldet und sagt, er oder sie wolle das machen, dann muss es die beste Person für die Aufgabe sein. Das haben wir uns auferlegt. Und das zu erreichen ist verdammt hart. Es geht um das Unternehmen und nicht um die Selbstverwirklichung von Mitgliedern aus unseren Familien­kreisen. Wenn man unsere jetzige Führungs­etage sieht, dann sind dort super Leute am Werk. Da müsste man erstmal besser sein. Realistisch ist das also momentan nicht. 

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