Nachgefragt
Blombergs Stadtoberhaupt Christoph Dolle im Interview zum Verhältnis seiner Stadt zu Phoenix Contact und den Chancen und Herausforderungen im Zusammenspiel mit dem größten Unternehmen der Nelkenstadt.
UPDATE: Herr Dolle, wie würden Sie die Beziehung von Blomberg zu Phoenix Contact beschreiben?
Als eine echte Erfolgsgeschichte. Und die prägt nicht nur das Stadtbild, sondern auch die Wahrnehmung unserer Stadt auswärts. Schon 1957 war klar, dass es eine besondere Firmenansiedlung am Flachsmarkt war, die meine frühen Vorgänger, Stadtdirektor Eggert und Bürgermeister Fritzemeier damals kräftig unterstützten.
Die holzverarbeitende Industrie war im ländlichen Blomberg nahezu abgewickelt und auch die Stuhlmanufakturen, für die Blomberg einst berühmt war, befanden sich im Niedergang. Insofern kann man es nur als Glücksfall betrachten, dass sich Phoenix Contact nicht nur hier niederließ, sondern auch so erfolgreich wurde.
UPDATE: Wie gehen Stadt und Unternehmen miteinander um?
Phoenix Contact ist ein Unternehmen, das nicht nur nach Profit und Gewinn strebt, sondern welches sich von Beginn an partnerschaftlich verhalten hat und sich seiner Rolle in der Stadt, auch im sozialen und gesellschaftlichen Bereich, bewusst war und ist. Ein entscheidender Punkt, der gerade auch die enorme Entwicklung der letzten Jahre betrifft. Das war schon seit Beginn der Zusammenarbeit so.
Ein Beispiel ist die aktuelle Situation um die Erweiterung des Firmengeländes. Ich habe das noch nicht erlebt, dass sich ein Firmeninhaber wie Klaus Eisert oder ein Geschäftsführer wie Frank Stührenberg mit den Anwohnern zusammensetzt und austauscht, sich auch kritischen Fragen gegenüber offen zeigt und auch Anregungen im Dialog aufgreift. Das ist schon eine ganz besondere Beziehung, die sich über Jahrzehnte aufgebaut hat.
UPDATE: Welche Probleme bringt solch ein Großunternehmen für eine ländliche Kleinstadt?
Betrachtet man das Stadtbild aus der Vogelperspektive, dann gibt es ja zwei Teile der Stadt – einmal die Kernstadt Blomberg und dann quasi die Phoenix Contact-Stadt. Das ist in Sachen Infrastruktur eine Herausforderung. 8.000 Einwohner hat die Blomberger Kernstadt und 5.500 Mitarbeitende Phoenix Contact – das ist jeden Tag der Zu- und Abzug einer gesamten Stadtbevölkerung.
Das Thema Wohnsituation ist komplex. Durch Phoenix Contact wird die Wohnsituation nicht extra belastet, denn viele Mitarbeitende sind Pendler, die gar nicht hier wohnen. Im Gegenteil: Ich würde mir sogar wünschen, dass viele Mitarbeitende Blomberg so attraktiv finden, dass sie sich hier ansiedeln. Landflucht durch den demographischen Wandel ist ein permanentes Thema. Blomberg ist davon deutlich weniger betroffen als die Gemeinden im Umkreis.
Die Gehälter von Phoenix Contact sorgen dafür, dass Fachkräfte gern bei Phoenix Contact anfangen und nicht in anderen Betrieben vor Ort. Das ist ein Wettbewerb um die besten Köpfe. Aber das ist überall so, wo Industrie auf Handwerk und kleineren Mittelstand trifft.
UPDATE: Welche Vorteile hat Blomberg durch das Miteinander mit Phoenix Contact?
Natürlich trägt ein Unternehmen dieser Größenordnung mit der Gewerbesteuer zu einem guten Teil zum städtischen Haushalt bei. Nicht umsonst gibt es bei den Kämmerern der lippischen Gemeinden den Begriff des „Blomberg-Effekts“. Wenn es bei Phoenix Contact nicht gut läuft, dann gelangt über die Kreisumlage auch deutlich weniger Geld in die Kassen der übrigen lippischen Gemeinden.
Bodenständigkeit und Verbundenheit zu Blomberg und zur Region haben dazu geführt, dass die Produktion nicht in Billiglohnländer ausgegliedert wurde. Phoenix Contact schafft nicht nur Arbeitsplätze für Hochqualifizierte, sondern auch Arbeitsplätze für wenig und gering Ausgebildete. Das hilft der Stadt natürlich ebenfalls.
In anderen Kommunen und Städten sind die Beziehungen zu großen Arbeitgebern oft deutlich schwieriger als bei uns. Hier sind die Kontakte zur Geschäftsführung und der Inhaberfamilie nicht nur professionell, sondern auch geprägt durch einen vertrauensvollen Dialog auf Augenhöhe.