Wasser ist ein Lebensmittel. Kommt es ganz profan aus dem Hahn, sogar ein sehr preiswertes, denn das kostet im Schnitt nur 0,2 Cent pro Liter. Es geht aber auch anders: Das teuerste Wasser der Welt kostet pro Flasche 53.470 Euro und wird unter dem Namen Acqua di Cristoallo Tributo a Modigliani verkauft.
In Bad Kreuznach in der Nähe von Mainz muss niemand Angst vor der Wasserrechnung haben. Der größte Teil des benötigten Wassers wird in der Region aus den Sedimenten des rotliegenden Festgesteins und in Rheinhessen aus dem vulkanischen Rhyolith-Gestein gefördert und anschließend aufbereitet. In Summe verfügen die Stadtwerke dazu über 25 Quellen und 34 Brunnen sowie 23 Behälter mit einem Gesamtfassungsvermögen von mehr als 25.000 Kubikmetern. Die Stadtwerke der Kurstadt Bad Kreuznach, die rund 30 Kilometer südwestlich von Mainz liegt, beliefern über 71.000 Einwohner mit Trinkwasser.
Damit diese Versorgung reibungslos und qualitativ stets einwandfrei verläuft, müssen sowohl die Trinkwassergewinnung als auch die Verteilung immer wieder modernisiert werden. Keine leichte Aufgabe, denn pro Jahr werden 4,3 Millionen Kubikmeter Trinkwasser über ein fast 500 Kilometer langes Leitungsnetz an die angeschlossenen Haushalte und Betriebe abgegeben. Um Mengen und Strecken handhaben zu können, sind Fernwirksysteme zur Überwachung und für aktive Eingriffe existenziell.
Alt neben neu
Gunther Christmann aus der Abteilung Wassergewinnung/Haustechnik der Stadtwerke beschreibt die besondere Herausforderung: „Da die Erneuerung sukzessive durchgeführt werden soll, müssen alte und neue Systeme parallel nebeneinander arbeiten. Und im Lauf der Jahre sind in der Anlage verschiedene Automatisierungskomponenten unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz gekommen. Daher brauchen die neuen Einheiten offene Schnittstellen, müssen Standardprotokolle verwenden und im Engineering natürlich anwenderfreundlich sein.“
Um eine moderne, sichere und ereignisorientierte Datenübertragung garantieren zu können, nutzen die Stadtwerke Bad Kreuznach das Fernwirkprotokoll IEC 60870-5-104. Das versieht die Datenpakete, die übermittelt werden sollen, mit einem Zeitstempel während der Datenübertragung. So werden eventuelle Übertragungsfehler, die durch Störungen entstehen können, vermieden. Dank einer Archivierung in der Leitwarte sind später umfassende Analysen möglich. Außerdem wird das Datenvolumen gering gehalten. Und im Fall einer Kommunikationsunterbrechung können Ereignisse zwischengespeichert werden. Weil das Nachfolgesystem des bisherigen Herstellers nicht den beschriebenen Anforderungen entsprach, suchten die Bad Kreuznacher Stadtwerke nach einer geeigneten Alternative. Schlussendlich fiel die Wahl auf das Fernwirksystem von Phoenix Contact.
Die Produkte aus Ostwestfalen genießen bei Wasserwerkern einen sehr guten Ruf. Hauke Abbas, Experte im Bereich Industry Management Water and Wastewater, weiß genau, warum: „Unsere modularen Fernwirkstationen basieren auf einer Kombination aus einer unserer anwendungsgerechten Steuerungen, hier den Inline-Steuerungen, sowie der Funktionsbaustein-Bibliothek Resy+ für die Fernwirktechnik. Durch die Verbindung der beiden Elemente entsteht eine modulare Lösung, die nicht nur die Ankopplung an unterschiedliche Leitsysteme ermöglicht, sondern sich zudem einfach und flexibel an die jeweilige Situation vor Ort anpassen lässt, auch ohne tiefere Programmierkenntnisse.“
Direkte Steuerung
Außerdem kann die Steuerung neben der Fernwirktechnik weitere Steuer-, Regel- und Überwachungsfunktionen übernehmen, also nicht nur der Datenübermittlung von Sensoren dienen, sondern auch dem direkten Eingreifen durch die Leitstelle. Gunther Christmann ergänzt: „Wir haben etwa eine Pumpensteuerung über das Standardprotokoll Modbus mit eingebunden.“
Typisch für Wasserwirtschaftsbetriebe ist die Weitläufigkeit ihrer Anlagen und Versorgungsnetze. Die fast 500 Kilometer Versorgungsleitungen sind nicht nur durch ihre bloße Länge technologisch herausfordernd, sondern auch durch die Geländeformation. Denn jenseits der norddeutschen Tiefebene sorgen Hügel und Berge, Wälder und Ortschaften für mögliche Hindernisse. Zahlreiche Betriebe der Wasserwirtschaft setzen beim Fernwirken auf unternehmenseigene Leitungen und ausgedehnte IP-Netzwerke. „Die haben wir mit unseren Geräten der Ethernet-Extender-Produktfamilie sicher im Griff“, schildert Hauke Abbas die Situation vor Ort. „Dabei sind Leitungslängen bis 20 Kilometer möglich, und die Inbetriebnahme der Komponenten gestaltet sich wegen ihrer Plug-and-Play-Funktionalität einfach.“
Funk neben Mobilfunk
Wenn keine festen Signalleitungen zur Verfügung stehen, etwa in dünnbesiedelten Regionen oder aufgrund von ungünstiger Topographie, müssen unkompliziert Alternativen zum Kabel her, um abgelegenere Stationen an die Leitwarte anzuschließen. Abbas erklärt: „Wo es nicht anders geht, können wir neben dem klassischen Mobilfunknetz auch eigene Funknetzwerke aufbauen.“
Für diesen speziellen Anwendungsfall hat Phoenix Contact die lizenzfreie Funktechnologie Trusted Wireless entwickelt. Sie zeichnet sich neben der robusten Weiterleitung der Daten durch flexible Netzwerkstrukturen dank einer zugriffssicheren Übertragung aus. Der hohe Security-Standard wird durch ausgeklügelte Authentifizierungs- und Verschlüsselungsverfahren sowie einen proprietären Ansatz erreicht.
„Durch die Vielzahl an möglichen Netzwerkstrukturen sowie die verschiedenen Reichweiten eignet sich die Kombination zwischen kabelgebundener und Funkkommunikation ideal zur Vernetzung von Wasserverteilsystemen, auch hier bei uns. Und wir fühlen uns für die kommenden Jahrzehnte bestens gerüstet“, gibt sich Wasserwerker Christmann optimistisch.