1.500 Kubikkilometer (!) Abwasser fallen jährlich weltweit an. Eine ungeheure Menge, die, wenn sie nicht entsprechend aufbereitet wird, den globalen Trinkwasserkreislauf auf Dauer gefährden wird. In Konstanz am Bodensee sind Risiken und Lösungen dieses Problems allgegenwärtig.
Rund 35 Prozent aller Menschen weltweit haben heute keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Bis vor wenigen Jahrzehnten war mangelnde Gewässergüte auch am Bodensee ein Problem. Denn noch bis weit in die 60er Jahre flossen Abwässer weitgehend ungeklärt in das Mare Suebicum, das der gesamten Region als Trinkwasserreservoir dient.
In den 50er Jahren begann der Phosphorgehalt drastisch zu steigen. Neue künstliche Düngemittel, der Siegeszug von wassergespülten Toiletten und die massenweise Verbreitung von Wasch- und Spülmaschinen sorgte für eine ganz neue Abwassersituation. Dazu stieg die Bevölkerungszahl rund um den Bodensee deutlich an. Industrie- und Schlachthofabwässer gelangten ungeklärt in den See. Die Folge waren massive Algenblüten, die dem See den Sauerstoff entzogen und ihn mehrmals fast zum Umkippen brachten.
1959 gründete sich die Internationale Gewässerschutzkommission, die die Abwasserbehandlung der Anrainerstaaten koordinieren sollte. Dort wurde beschlossen, dass Kläranlagen und Abwasserkanäle den Bodensee schützen sollten. Die erste Stufe der Konstanzer Zentralkläranlage ging 1966 an den Start. Erst 1968 wurde die biologische Reinigungsstufe feierlich eingeweiht. Doch es sollte noch rund 20 Jahre dauern, bis der Bodensee nicht mehr von Algenblüten und biologscher Verödung bedroht war.
Abwasser rein, Trinkwasser raus
Mittlerweile hat sich die Situation wesentlich verbessert. Und das trotz Einleitung der zuvor gereinigten Abwässer. Das verlangt eine besonders gründliche Reinigung, damit das Abwasser nicht zum Problem für das flüssige Lebensmittel wird. Für diese Aufgabe sind die Entsorgungsbetriebe der Stadt Konstanz zuständig.
Die Entsorgungsbetriebe Stadt Konstanz (EBK) sind das größte kommunale Entsorgungsunternehmen im Bodenseeraum. Die rund 110 Mitarbeitenden beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit der Abfallwirtschaft sowie der Abwasserableitung und -reinigung. In der Zentralkläranlage werden täglich bis zu 40 Millionen Liter Abwasser behandelt, das in der Gemarkung Konstanz, den Gemeinden Allensbach und Reichenau sowie der Schweizer Stadt Kreuzlingen und den dortigen Gemeinden Tägerwilen und Gottlieben anfällt. Das entspricht etwa 175.000 Einwohnerwerten. Auf dem Weg vom Verschmutzer bis zur Kläranlage muss das Abwasser größere Strecken im etwa 295 Kilometer umfassenden Kanalnetz sowie Höhenunterschiede überwinden. Dafür kommen 26 Pumpwerke zum Einsatz. Das Regenwasser wird in 16 Regenwasserbehandlungsanlagen sowie vier Regenklärbecken aufgefangen und aufbereitet, bevor es in den Bodensee gelangt.
Schwerstarbeit für eine Baugruppe, ohne die es nicht geht, wenn Wasser durch Rohre und Becken geleitet werden muss: Vier große Hidrostalpumpen mit je 75 KW Leistung arbeiten im Zulaufpumpwerk in Konstanz, wenn es trocken ist, sowie drei weitere leistungsstarke Pumpen bei Regenwetter. Mindestens eine der vier Schwerarbeiter läuft immer, also 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche. Die dafür nötige Energie ist beachtlich: Rund 560 Megawatt Energie benötigen die Pumpen für ihre fördernde Tätigkeit.
Den Überblick behalten
An dieser Stelle, dem Energieverbrauch und dem Wartungmonitoring, setzten die Experten von Phoenix Contact, die die Effizienz der Gesamtanlage verbessern sollten, an. Würde hier eine Optimierung stattfinden, könnte die größte Menge an Energie eingespart werden.
Elektrotechnikmeister Thomas Geiz, der im Lösungsvertrieb der Wasserwirtschaft von PxC tätig ist, erklärt: „Wir betrachteten dabei nicht nur den Wirkungskreis von Pumpe und Antriebsmotor. Wir haben uns zunächst den Anlagenwirkungsgrad angeschaut. Bei welchem Betriebspunkt ist das Verhältnis aus zugeführter elektrischer Leistung zur geförderten Abwassermenge am besten? In einer solchen Überlegung spielen neben dem Wirkungsgrad von Pumpe und Motor ebenfalls Aspekte wie die Rohrverlegung, der Saugdruck der Pumpe sowie weitere mechanische und hydraulische Gegebenheiten eine wichtige Rolle.
Dazu kommt die Verfügbarkeit der Pumpen sowie der Wartungs- und Instandhaltungsaufwand, der nötig ist, um den 24/7-Betrieb aufrecht zu halten. In den letzten Jahren gab es kostspielige Reparaturen an den Pumpen. Die Ursache konnten wir nur bedingt klären.“
Mit dem „PumpMonitor“ kommt hier eine installationsfertige Schaltschranklösung zum Einsatz, die dem ganzheitlichen Monitoring von Pumpen und Motoren als auch der Effizienzsteigerung dient. Im Rahmen der Zustandsüberwachung bewertet das System dabei mechanische, hydraulische und elektrische Verschleißindikatoren.
Hartmut Appelt, als Sachgebietsleiter Abwasserchemie bei den EBK tätig, weist auf einen weiteren wichtigen Vorteil des PumpMonitors hin: „ Wir haben die Effizienzüberwachung mittels einer Messung im laufenden Betrieb aktiviert und sofort den aktuellen Zustand der Pumpen erfasst. Das System eignet sich also für eine Anlage mit Bestandspumpen. Nach der Ermittlung des besten Arbeitspunkts und Wirkungsgrads der Anlage werden uns die Werte als sofort deutbare Ampel und absolute Zahl angezeigt.“
Überwachung Schritt für Schritt
Fachmann Geiz führt weiter aus: „Von diesem Punkt ausgehend lässt sich nun überwachen, wie sich die Anlage während ihrer Lebenszeit verändert. Zudem wird das Betriebspersonal informiert, sobald sich der Wirkungsgrad verschlechtert. Die Auswertung dieser Parameter ebenso wie der Zustandsgrößen erfolgt direkt im PumpMonitor, sodass die EBK-Mitarbeiter durch die Ampeldarstellung immer eine einfache Übersicht über den Zustand der Pumpen erhalten. Tritt hier oder bei der Effizienz eine Veränderung auf, können sie in der erweiterten Ansicht genau sehen, was der Grund dafür ist.“
Im ersten Schritt ist zunächst eine der Trockenwetterpumpen mit dem Monitoring-System ausgerüstet worden, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Die Testphase verlief reibungslos, mittlerweile werden auch die übrigen Pumpen mit „ihrem“ PumpMonitor abgesichert und überwacht.
Die EBK-Mitarbeiter haben die Lösung selbstständig in das Prozessleitsystem der Kläranlage eingebunden. Aus den möglichen Kommunikationsstandards – wie OPC, Modbus TCP oder Profinet – entschieden sie sich für das Profinet-Protokoll. Da es eine dokumentierte und definierte Datenstruktur zur Übernahme der Informationen aus dem PumpMonitor-System gibt, vereinfachte sich die Umsetzung. „Die Möglichkeit, im Rahmen der Programmierung Beispielprogramme auf der überlagerten, als Profinet-Master fungierenden Steuerung von Phoenix Contact zu nutzen, hat ebenfalls zur schnelleren Umsetzung der Aufgabe beigetragen“, berichtet Appelt. Weil die Kläranlage über ein Automatisierungssystem mit Profinet-Funktionalität von Phoenix Contact verfügt, war dies der einfachste Weg in die Leitwarte.
Dermaßen gewappnet blicken die Konstanzer gelassen in die Zukunft, wenn es um die Sauberkeit ihres „schwäbischen Meeres“ geht.
Phoenix Contact Wasser- und Abwasserwirtschaft
Der PumpMonitor