Kontinuität und Wiedererkennbarkeit sind Stärken eines Markenkerns. Und gute Architektur eine glänzende Visitenkarte für ein Unternehmen. Warum es den Brandstetters trotz immer gleicher Farben und Formen seit Jahrzehnten nicht langweilig wird, wenn es um die Errichtung von Phoenix Contact-Gebäuden geht, verraten sie auf Nachfrage.
RAL 7005. Gasbetonplatten. Rechteckig. Verkehrsweiß. Und das seit mehr als 40 Jahren. Werner und Florian Brandstetter träumen wahrscheinlich schon von weißen Kuben mit grauer Umrandung. Vater und Sohn sind Architekten, betreiben ein Architekturbüro im niedersächsischen Bad Pyrmont. Und begleiten Phoenix Contact seit Jahrzehnten mit Planung, Zeichnung und Umsetzung bei der weltweiten Expansion.
Architekt nebenan
Schon Josef Eisert war höchst interessiert an der Architektur seiner Firmengebäude. Und lernte durch Zufall und Fügung einen jungen aufstrebenden Architekten in Essen kennen. Eckhard Schulze-Fielitz gründete 1955 als frisch diplomierter Architekt eine dreiköpfige Bürogemeinschaft. Dieses Büro war in der Nachbarschaft der kleinen Elektrizitätsgesellschaft, die nach dem Krieg zunächst wieder nach Essen zurückgekehrt war.
Wenig später benötigte Josef Eisert architektonische Unterstützung bei der Errichtung des ersten Produktionsgebäudes in Blomberg. Der Erfinder und Konstrukteur entwickelte zusammen mit dem fachkundigen Büronachbarn einen Baustil, der Phoenix Contact bis heute prägt.
Eine Zusammenarbeit, die sich auszahlte. Denn die gemeinsame architektonische Reise dauerte länger als drei Jahrzehnte. Klaus Eisert erinnert sich noch gut an die Anfänge der Blomberger Bautätigkeit: „Nach ersten Erfahrungen mit fremden Handwerkern hatten wir einen eigenen Bautrupp mit fünf Maurern und Bauhandwerkern. Mit eigenem Betonmischer, eigenem Kran und sogar einer Hanomag Raupe. Die Bodenplatte der hinteren Hälfte von Halle 1 haben wir selbst gegossen. Schnell folgten weitere Gebäude.“ Erst 1991 verschwand mit dem eigenen Bauwagen das letzte Zeitzeugnis dieser ganz speziellen Fertigungstiefe. Das Büro von Schulze-Fielitz errichtete bis in die 80er-Jahre nicht nur zahlreiche Werksgebäude, sondern auch das nach wie vor dominante mehrgeschossige Verwaltungsgebäude, das die Skyline der Nelkenstadt seither mitprägt.
Das Wagnis Phoenix Contact
Mit dem Unfalltod von Jörg Eisert, der bis dahin für die Produktion und damit auch die Werksgebäude zuständig war, begann die Zusammenarbeit mit Werner Brandstetter. Der damals noch angestellte Architekt wurde angefragt, um Eckardt Schulze-Fielitz beim Bau des Gebäudes 10 zu unterstützen. Der junge Brandstetter nutzte die Chance und machte sich selbstständig. Und erwischte genau den richtigen Zeitpunkt, denn Phoenix Contact wollte wachsen. Und zwar international. Mit eigenen Gebäuden im Stil von Phoenix Contact, damit der Wiedererkennungswert hoch bleibt.
Ab jetzt galt es, nicht nur Bauhelm und Zeichnungen stets parat zu haben, sondern auch Impf- und Reisedokumente. Denn mit Gerd und häufig auch mit Klaus Eisert ging es oft auf große Fahrt. „Im Lauf der Zeit sind Gebäude in 27 Ländern entstanden“, erzählt Werner Brandstetter. „Gerade in den letzten Jahren ist Phoenix Contact ja extrem gewachsen. Und wir waren immer dabei. Manchmal zeitgleich sogar in zwei Ländern“, erzählt Sohn Florian Brandstetter, der in die Fußstapfen seines Vaters tritt. Der Baustil war gesetzt, die Herausforderungen aber immer ganz unterschiedlich. In Schweden seien die Sozialräume sehr wichtig, in den USA der Brandschutz, erzählen Vater und Sohn.
Und wenn es nach den französischen Behörden gegangen wäre, hätten die Phoenix Contact-Fassaden in Paris einen beigen oder gräulichen Farbton bekommen. Das Gebäude steht an der „La Francilienne“, einem großen Straßenverkehrsring rund um die französische Hauptstadt. „Das blendet ja die Verkehrsteilnehmer“, erinnert sich Florian Brandstetter an die Argumentation des Amts vor Ort und lange Diskussionen. „Es ging so weit, dass wir den Standort wieder in Frage gestellt haben.“ Man einigte sich. Das Gebäude im Osten der französischen Metropole strahlt heute in Verkehrsweiß. Seitdem wissen die beiden Architekten: „Wir haben immer gedacht, dass die Bürokratie in Deutschland schon eine weltweit einzigartige Kreativbremse ist. Doch das wird in den Nachbarländern teilweise noch getoppt.“
Langweilig wird es jedenfalls nie, trotz der Vorgaben in Sachen Form und Farbe. Florian Brandstetter: „Egal in welchem Land, es ist jedes Mal ein maßgeschneidertes Projekt.“ Einheitlich sei dagegen die Technik in den Produktionshallen. „Die Maschinenanschlüsse sind weltweit gleich“, erklärt Werner Brandstetter. „Wir können eine Maschine in China abbauen, nach Amerika verschiffen und sie dort direkt wieder einstöpseln.“
Zwischen Park und Eisspeicher
Aktuell sind die Brandstetters mit dem All Electric Society-Themenpark beschäftigt, der Neugestaltung eines aufsehenerregenden Entrees zum Phoenix Contact-Stammsitz in Blomberg. Zeitgleich entsteht auf dem Campus ein neues Produktions- und Bürogebäude mit einem extrem ausgefeilten Energiemanagement: „Das Gebäude 60 wird künftig so viel Energie erzeugen, wie es verbraucht. Es ist gespickt mit regenerativen Technologien: Eisspeicher, Wärmepumpen, Wärmerückgewinnung, Photovoltaik und vielem mehr. Zudem ist der Standard der Wärmedämmung der höchste, den wir je in einem Gebäude von Phoenix Contact realisiert haben.“
Da sich Phoenix Contact in den letzten Jahren zu einem Schwergewicht beim Thema Gebäudeautomation entwickelt hat, kommen hier natürlich auch die hausinternen Kollegen aus dem Bereich der Gebäudeautomation zum Einsatz, die gemeinsam mit den Brandstetters die neuen Gebäude planen und realisieren. Nicht nur die eingesetzte Technik ist innovativ, sondern auch das Gesamtverständnis des Bauvorhabens.
Neue Projekte warten schon
Und die nächsten Vorhaben warten schon auf ihre Umsetzung. „Langweilig wird es mit Phoenix Contact auch in den nächsten Jahren nicht werden“, schmunzeln die Brandstetters, bevor sie sich wieder in die Details der Baupläne zum neuen Vorzeigegebäude 60 widmen. Schließlich soll dies pünktlich zu den Feierlichkeiten zum Firmenjubiläum fertig sein.