Die Box für Spione

Die neue Smart Camera Box ist aufgrund ihrer vielen Talente ein heißer Tipp für jeden, der sich mit dem Thema der professionellen Videoüberwachung beschäftigt. Wir haben uns zeigen lassen, was sich die Entwickler bei ihrer eierlegenden Video-Wollmilch-Box haben einfallen lassen …

Produktmanager Tommy Göring erklärt die brandneue „Smart Camera Box“

Das Telefon in der Redaktion läutete vor einigen ­Wochen Sturm. Am anderen Ende eine Kollegin, die fragte: „Im nächsten Heft geht es doch um das ­Thema Sicherheit, oder? Wir haben da was ganz Tolles.“ Aha, was ganz Tolles, denkt der Schreiber dieser Zeilen. „Ja, eine ­Videobox für bildgestützte Überwachungsanlagen.“ Werte Kollegin, was ist denn an einer Anschlussbox für Video spannend? Bei Amazon gibt’s Wildüberwachungskameras für unter 50 Euro. Die können sogar WLAN. „Das ist doch ganz was anderes. Treffen Sie sich doch einmal mit einem der Kollegen, die die Box ent­wickelt haben!“

Industrie braucht es handfest

Gefragt, gesagt getan – wenige Tage später treffen wir uns zu einem Vor-Ort-Termin mit Produktmanager Tommy Göring. Doch bevor wir die Vorzüge der handlichen grauen Kiste in der Außenwelt demonstriert bekommen, muss der Experte kurz erläutern, wie Phoenix Contact auf das Thema Video kommt. „Das ist gar nicht schwer. Wir sind in der Ausstattung von Ethernet-Netzen schon lange aktiv. Und bekamen immer mal wieder Anfragen, ob unsere Medienkonverter sich nicht auch für ­Gigabit-Datenübertragungen eignen würden. Doch das braucht der Automatisierer mit seinen wenigen Daten eigentlich gar nicht. Also haben wir geschaut, wer da eigentlich was übertragen will. Und festgestellt: hochwertige Videokameras besitzen auch eine RJ45-Buchse für Standard-­Ethernet. Und daher kamen auch die Anfragen.“

Die Recherche ergab schnell, dass Videokameras selber kein Feld für Phoenix Contact sind, denn die Technologie ist extrem schnelllebig. „Wir stellen aber mit unserer Smart ­Camera Box eine Verbindung zwischen Kamera und Videozentrale her. Und das zukunftssicher und komplett.“ Der Experte für den Bereich Industrial Communication Interface betont, dass für die Kameras einer Videoüberwachung normalerweise extra Schaltschränke gefertigt, mit Einzellösungen ­diverser Hersteller bestückt und dann mit oftmals zwei Monteuren ­installiert werden müssten.

„Das können wir besser. Also haben wir vor etwa anderthalb Jahren angefangen, unsere Lösung zu entwickeln.“ ­Tommy Göring öffnet die Box. „Die ist zunächst einmal nach IP65 und IP67 geschützt, hält also auch jahrelang dicht. Und das zwischen -40 °C bis +70 °C, also fast überall.“ Energie bekommt der smarte Kasten mittels 230-V-Anschluss, die dann mittels Power-over-Ethernet, also eines kombinierten Strom- und Datenkabels, an die Kameras weitergeleitet wird.

Anschlüsse in Hülle und Fülle

Das elektronische Innenleben und die angeschlossene ­Kamera werden mittels steck- und austauschbarer Blitzschutzelemente aus dem unternehmenseigenen Überspannungsschutzprogramm TRABTECH vor spontanen Überraschungen aus dem Stromnetz geschützt. „Die setzen bei Auslösung durch Blitzschlag oder Überspannung auch eine sogenannte SNMP-Meldung an die Videozentrale ab.“ Sollten Bösewichte sich an dem Gehäuse zu schaffen machen, dann sorgen spezielle Näherungssensoren für einen weiteren Alarm in der Zentrale. Die smarte Box kommuniziert also.

Die Daten gelangen im Regelfall per Glasfaser an ihren Abnehmer in der Zentrale, gerade bei großen Distanzen. „Dafür besitzt die Box eine eigene Lichtwellen-Spleißcassette. Hier können Glasfasern angeschlossen und mit einem Stecker versehen werden, sodass das Kabel der Kamera nur noch eingesteckt werden muss.“

Sitzt die Videokamera dagegen in der Nähe der Zentrale, findet auch ein Standard-Ethernetkabel seinen Anschluss. Und soll die Smart Camera Box in ein bestehendes älteres Netz eingebunden werden, dann ist auch an eine Möglichkeit gedacht, eine Zweidrahtleitung, etwa ein Koaxkabel, mit der modernen Ethernet-Welt zu verbinden.

Apropos moderne Welt: „Wir sprechen hier von Highend-Videokameras. Da ist viel mehr drin als nur eine optische Baugruppe. Mittlerweile sind das selber Computer, die die Bilder schon in der Kamera auswerten, also etwa erkennen, wenn es ein Mensch ist, der sich dem Zaun nähert.“

Eigentlich keine Box, sondern ein Gerät

„Bis zu vier Kameras können an die Box angeschlossen werden. Die erforderliche Energie liefern wir mit dem neuen Power-­over-­Ethernet-­Standard IEEE 802.3bt, der deutlich höhere Stromstärken zulässt. Damit lassen sich auch motorgetriebene Kameras antreiben.“ Für den Blick in jede Ecke also. Der kann bei Bedarf sogar ausgeleuchtet werden. „Wir haben auch eine Hutschiene untergebracht. Hier finden etwa unsere WLAN-Accesspoints oder Mobilfunk-Router ihren Platz. Dazu steht ein 24-V-Ausgang für die erforderliche Energie parat.“

Den letzten und entscheidenden Trumpf spielt die Wunderwaffe in Sachen Videokommunikation dann vor Ort aus. Tommy Göring schnappt sich eine Leiter, klemmt sich seine Box unter den Arm und flitzt die Sprossen hoch. Oben demonstriert er, wie einfach sich Box und Kamera verbinden sowie installieren lassen. „Durch unsere Entwicklung eines speziellen Mastadapters reicht ein Monteur für die Installation. Das ist normalerweise eine Arbeit für mindestens zwei Mitarbeiter.“

Vorgestellt wird die Smart Camera Box, so ihr offizieller Name, auf der Hannover Messe 2020. Und wer immer sich mit dem Thema Videoüberwachung auseinandersetzen muss, sollte die Geduld aufbringen und auf den knackigen Gewinnertyp und seine Auslieferung warten.

Und vielen Dank an die Kollegin und ihre Überzeugungskraft. Da kommt meine Wildüberwachungskamera aus dem Online-Versand dann doch nicht mit!

Videoüberwachung – Industrie und Gewerbe

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"